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+ | Der wichtigste Teil des Heeres bilden im 12. Jahrhundert, zur Zeit der [[Kreuzfahrerstaaten]], die Lehnsleute. Ihr [[Lehen]] erhalten sie vom [[König]] gegen die Verpflichtung des Kriegsdienstes ([[Vasall]]endienst). Ein Heer, das durch das Lehnsaufgebot rekrutiert wird, besteht aus Gruppen, die von Adligen mit ihren [[Persönliches Gefolge|Gefolge]] gebildet werden. Diese Heereseinheiten werden als [[Lanze (Einheit|Lanzen]] bezeichnet. Das Vasallentum steht im 12. Jahrhundert auf seinem Höhepunkt; diese Heeresart ist die Wichtigste. | ||
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+ | Das [[Landesaufgebot]] ist eine seltener eingesetzte Heeresart. Sie besteht aus Milizionären der Städte und Dörfer, und wird nur im Fall einer nationalen Notlage eingesetzt. Sie spielen also nur in beschränktem Umfang eine Rolle.. Das Landesaufgebot gliedert sich in von [[Hauptmann|Hauptleuten]] angeführte [[Fähnlein]]. | ||
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+ | [[Söldner]] werden im Königreich Jerusalem weitaus öfter eingesetzt als im [[Abendland]]. Dies liegt an der dünnen Schicht des [[2. Stand|Adels]] in der [[Levante]]. Söldnertruppen sind in von [[Hauptmann|Hauptleuten]] angeführten [[Fähnlein]] organisiert und bestanden vor allem aus [[Lateiner]]n und [[Syrer]]n. Sie stehen oft in den Diensten des [[König]]s, einem seiner Barone oder der [[Ritterorden]]. | ||
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+ | Mittelalterliche Strategie dreht sich in vielerlei Hinsicht um die rechte Balance zwischen einem zu großen und einem zu kleinen Heer. Große Heere sind schwer zu bewegen und zu verpflegen. Kleine Heere aber werden leichter geschlagen. Diese Schwierigkeit der Kriegsführung zu allen Zeiten ist in der Epoche der Lehnsaufgebote und Naturalwirtschaft noch bedeutsamer. Sie stellt eine der Hauptursachen dar, warum Entscheidungen zwischen großen Heeren selten auf dem Schlachtfeld gesucht werden. | ||
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+ | Dies bedeutet, dass mittelalterliche Heere eher klein sind. Ein Heer mit mehr als 1000 Soldaten gilt schon als ziemlich groß; 10000 Soldaten bilden ein riesiges Heer. Heere, die größer sind als 100000 Mann, gibt es parkatisch nicht. Am ersten Kreuzzug beteiligten sich 35000 Soldaten, allerdings nicht in einem einzigen Heer. | ||
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+ | Auch sind im Mittelalter die Kräfte der Defensive durch [[Burg]]en und befestigte Städte gegenüber der Offensive im Vorteil. Dem Schwächeren ist es relativ einfach, sich in derart befestigte Plätze zurückzuziehen und sich so der Entscheidung der Schlacht zu entziehen. | ||
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+ | Besonders in der Levante ist die Strategie beeinflusst von Versorgungsproblemen und [[Krankheiten]]. Mittelalterliche Heere versorgen sich oft selbst durch Plünderungen, allerdings ist dies oft nicht wegbar im Heiligen Land, wo auf die Sicherung der Nachschublinien geachtet werden muss. Krankheiten kosten oft weitaus mehr Soldaten das Leben als direkter Kontakt mit dem Feind, insbesondere bei schlechter Versorgungssituation. | ||
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+ | ==Disziplin== | ||
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+ | Mittelalterliche Taktik ist geprägt durch ein enormes Problem: abendländische Heere sind sehr undispliniert. Vor allem die Vasallen sind unwillig, sich einem geordneten Strafregime zu unterwerfen, weshalb Versuche, Disziplin in Vasallenheere einzudrillen, zumeist scheitern. Zwar werden nicht befolgte Befehle bestraft, allerdings oft nicht durch direkte, unmittelbare Maßnahmen. Ein unfolgsamer Lehnsmann konnte die Gunst seines Lehnsherren verlieren, im schlimmsten Fall sein Lehen. Aber auch solche Bestrafungen sind schwer umzusetzen. | ||
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+ | Hinzu kommt, dass Erziehung, Standesgeist und Stellung im Ritter den Ehrgeiz aufs Äußerste steigern; dies war verbunden mit dem [[Rittercodex]]. Der Ritter muss durch seine Stellung beweisen, dass er ein hervorragender und tapferer Mann ist - dies ist verbunden mit seinem [[Ansehen]] und seiner [[Ehre]]. Er ist dank seiner Bewaffnung das Rückrat des Heeres. Die Waffengattung des schwer gepanzerten Reiters ist deckungsgleich mit seinem Geburtsstand und der Geburtsstand ist daher gleich der Waffengattung. Diesem Geburtsstand ist der Ritter verpflichtet, seine militärische Erziehung erfolgt im familären Kreis und nicht in einer stehenden Truppe oder einer Akademie. Ritter sind daher notorisch undiszipliniert, und oft werfen sie sich viel zu früh, auf der Jagd nach Ehre, in die Schlacht. | ||
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+ | ==Mittelalterliche Taktiken== | ||
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+ | Bei der Aufstellung zur Schlacht steht es dem Befehlshaber frei, jede Waffengattung in große Einheiten zusammenzufassen. Dies erscheint logisch, ist aber oft nicht machbar aufgrund der Probleme verbunden mit der mittelalterlichen Disziplin. Auch bietet sich das Feudalsystem, wo jeder Ritter nur seinen Lehensherrn als Autorität anerkennt, nicht an für Organisation von Rittern und deren Gefolgsleuten unter Hauptleuten. | ||
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+ | Meistens werden daher die Nebenwaffengattungen um die Hauptwaffe, die Ritter, herum gruppiert. Der Ritter (dies gilt das auch für Edelknechte oder andere Adlige mit einem Gefolge) fungiert in dieser Gruppierung als Anführer. | ||
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+ | Es existieren zwei Grundformen der Reiteraufstellung: Entweder die Ritter ordnen sich in einem Haufen und lassen [[Waffenknecht]]e und [[Schütze]]n folgen, oder aber als Plänkler vorausgehen. Oder man ordnet sich gemeinsam in einem tiefen Haufen. Bei beiden Varianten handelt es sich um reine Annäherungsformen, die sich im Kampf schnell auflösen. Mehrfach wird in zeitgenössischen Quellen berichtet, dass die Ritter ihre Attacke nicht in einem rapiden Schockangriff durchführten sondern langsam anritten. So wird auch erwähnt, jeder Haufen kommt langsam und geschlossen angeritten. | ||
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+ | Einen Angriff in Keilform, um die feindliche Reiterlinie zu zerteilen, gibt es nicht. Diese Formation macht keinerlei Sinn, da die Spitze stets von der feindlichen Linie umschlossen würde und so aufgehalten werden würde. Man durchbricht die feindliche Linie nur, wenn möglichst viele zugleich in sie eindringen. | ||
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+ | Der Grund für die dafür eher ungeeignete tiefe Aufstellung der Reiter im Mittelalter dürfte darin begründet sein, dass sich tieferen Haufen leichter zusammenhalten lassen. Dies ist verbunden mit dem Problem der Disziplin, welches Heeresführung schweirig macht. | ||
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+ | Neuzeitliche Kavallerieattacken basieren darauf, sich nach einem erfolgten Angriff schnell wieder zu sammeln, da das anschließende Handgemenge meist keine Entscheidung bringt. Die geschlossene Einheit wird angestrebt. Mittelalterliche Quellen zeugen da eher vom Gegenteil. Die Entscheidung liegt oft im Handgemenge, das keine Führung mehr kennt. |
Version vom 9. November 2012, 18:30 Uhr
Dieser Artikel beschreibt das Militär des Königreichs Jerusalem. Für Informationen über islamische Heere hier und für Informationen über byzantinische Heere hier klicken.
Zusammensetzung eines Heeres
Ein stehendes nationales Heer ist im Mittelalter unbekannt. Zwar gibt es permanente militärische Einheiten, wie die Stadtwache und die Ritterorden, doch dies ist die Ausnahme. Vielmehr wird der Großteil des Aufgebots des Königreichs Jerusalem durch irreguläre Truppen gebildet.
Der König ist der oberste Kriegsherr, aber auf dem Feld zumeist durch den Konstabler vertreten. Sein Herr besteht aus drei Teilen: Der Ritterschaft, die das Lehnsaufgebot stellt, dem Landesaufgebot und den Söldnern. Allerdings stehen dem Königreich zwei weitere Arten von Soldaten zur Verfügung - die Mitglieder der Ritterorden sowie zufällig anwesende Pilger, die sich freiwillig zur Verteidigung von Jerusalem melden.
Der wichtigste Teil des Heeres bilden im 12. Jahrhundert, zur Zeit der Kreuzfahrerstaaten, die Lehnsleute. Ihr Lehen erhalten sie vom König gegen die Verpflichtung des Kriegsdienstes (Vasallendienst). Ein Heer, das durch das Lehnsaufgebot rekrutiert wird, besteht aus Gruppen, die von Adligen mit ihren Gefolge gebildet werden. Diese Heereseinheiten werden als Lanzen bezeichnet. Das Vasallentum steht im 12. Jahrhundert auf seinem Höhepunkt; diese Heeresart ist die Wichtigste.
Das Landesaufgebot ist eine seltener eingesetzte Heeresart. Sie besteht aus Milizionären der Städte und Dörfer, und wird nur im Fall einer nationalen Notlage eingesetzt. Sie spielen also nur in beschränktem Umfang eine Rolle.. Das Landesaufgebot gliedert sich in von Hauptleuten angeführte Fähnlein.
Söldner werden im Königreich Jerusalem weitaus öfter eingesetzt als im Abendland. Dies liegt an der dünnen Schicht des Adels in der Levante. Söldnertruppen sind in von Hauptleuten angeführten Fähnlein organisiert und bestanden vor allem aus Lateinern und Syrern. Sie stehen oft in den Diensten des Königs, einem seiner Barone oder der Ritterorden.
Die Ritterorden unterstehen nur dem Papst, aber dennoch kann der König auf ihre Hilfe hoffen, wenn er gegen Feinde wie die Fatimiden oder das Emirat Damaskus zieht.
Schlussendlich gibt es Pilger, die dazu tendieren, als Teil ihrer Pilgerfahrt sich freiwillig zu militärischen Aktionen zu melden.
Mittelalterliche Strategien
Mittelalterliche Strategie dreht sich in vielerlei Hinsicht um die rechte Balance zwischen einem zu großen und einem zu kleinen Heer. Große Heere sind schwer zu bewegen und zu verpflegen. Kleine Heere aber werden leichter geschlagen. Diese Schwierigkeit der Kriegsführung zu allen Zeiten ist in der Epoche der Lehnsaufgebote und Naturalwirtschaft noch bedeutsamer. Sie stellt eine der Hauptursachen dar, warum Entscheidungen zwischen großen Heeren selten auf dem Schlachtfeld gesucht werden.
Dies bedeutet, dass mittelalterliche Heere eher klein sind. Ein Heer mit mehr als 1000 Soldaten gilt schon als ziemlich groß; 10000 Soldaten bilden ein riesiges Heer. Heere, die größer sind als 100000 Mann, gibt es parkatisch nicht. Am ersten Kreuzzug beteiligten sich 35000 Soldaten, allerdings nicht in einem einzigen Heer.
Auch sind im Mittelalter die Kräfte der Defensive durch Burgen und befestigte Städte gegenüber der Offensive im Vorteil. Dem Schwächeren ist es relativ einfach, sich in derart befestigte Plätze zurückzuziehen und sich so der Entscheidung der Schlacht zu entziehen.
Besonders in der Levante ist die Strategie beeinflusst von Versorgungsproblemen und Krankheiten. Mittelalterliche Heere versorgen sich oft selbst durch Plünderungen, allerdings ist dies oft nicht wegbar im Heiligen Land, wo auf die Sicherung der Nachschublinien geachtet werden muss. Krankheiten kosten oft weitaus mehr Soldaten das Leben als direkter Kontakt mit dem Feind, insbesondere bei schlechter Versorgungssituation.
Disziplin
Mittelalterliche Taktik ist geprägt durch ein enormes Problem: abendländische Heere sind sehr undispliniert. Vor allem die Vasallen sind unwillig, sich einem geordneten Strafregime zu unterwerfen, weshalb Versuche, Disziplin in Vasallenheere einzudrillen, zumeist scheitern. Zwar werden nicht befolgte Befehle bestraft, allerdings oft nicht durch direkte, unmittelbare Maßnahmen. Ein unfolgsamer Lehnsmann konnte die Gunst seines Lehnsherren verlieren, im schlimmsten Fall sein Lehen. Aber auch solche Bestrafungen sind schwer umzusetzen.
Hinzu kommt, dass Erziehung, Standesgeist und Stellung im Ritter den Ehrgeiz aufs Äußerste steigern; dies war verbunden mit dem Rittercodex. Der Ritter muss durch seine Stellung beweisen, dass er ein hervorragender und tapferer Mann ist - dies ist verbunden mit seinem Ansehen und seiner Ehre. Er ist dank seiner Bewaffnung das Rückrat des Heeres. Die Waffengattung des schwer gepanzerten Reiters ist deckungsgleich mit seinem Geburtsstand und der Geburtsstand ist daher gleich der Waffengattung. Diesem Geburtsstand ist der Ritter verpflichtet, seine militärische Erziehung erfolgt im familären Kreis und nicht in einer stehenden Truppe oder einer Akademie. Ritter sind daher notorisch undiszipliniert, und oft werfen sie sich viel zu früh, auf der Jagd nach Ehre, in die Schlacht.
Mittelalterliche Taktiken
Bei der Aufstellung zur Schlacht steht es dem Befehlshaber frei, jede Waffengattung in große Einheiten zusammenzufassen. Dies erscheint logisch, ist aber oft nicht machbar aufgrund der Probleme verbunden mit der mittelalterlichen Disziplin. Auch bietet sich das Feudalsystem, wo jeder Ritter nur seinen Lehensherrn als Autorität anerkennt, nicht an für Organisation von Rittern und deren Gefolgsleuten unter Hauptleuten.
Meistens werden daher die Nebenwaffengattungen um die Hauptwaffe, die Ritter, herum gruppiert. Der Ritter (dies gilt das auch für Edelknechte oder andere Adlige mit einem Gefolge) fungiert in dieser Gruppierung als Anführer.
Es existieren zwei Grundformen der Reiteraufstellung: Entweder die Ritter ordnen sich in einem Haufen und lassen Waffenknechte und Schützen folgen, oder aber als Plänkler vorausgehen. Oder man ordnet sich gemeinsam in einem tiefen Haufen. Bei beiden Varianten handelt es sich um reine Annäherungsformen, die sich im Kampf schnell auflösen. Mehrfach wird in zeitgenössischen Quellen berichtet, dass die Ritter ihre Attacke nicht in einem rapiden Schockangriff durchführten sondern langsam anritten. So wird auch erwähnt, jeder Haufen kommt langsam und geschlossen angeritten.
Einen Angriff in Keilform, um die feindliche Reiterlinie zu zerteilen, gibt es nicht. Diese Formation macht keinerlei Sinn, da die Spitze stets von der feindlichen Linie umschlossen würde und so aufgehalten werden würde. Man durchbricht die feindliche Linie nur, wenn möglichst viele zugleich in sie eindringen.
Der Grund für die dafür eher ungeeignete tiefe Aufstellung der Reiter im Mittelalter dürfte darin begründet sein, dass sich tieferen Haufen leichter zusammenhalten lassen. Dies ist verbunden mit dem Problem der Disziplin, welches Heeresführung schweirig macht.
Neuzeitliche Kavallerieattacken basieren darauf, sich nach einem erfolgten Angriff schnell wieder zu sammeln, da das anschließende Handgemenge meist keine Entscheidung bringt. Die geschlossene Einheit wird angestrebt. Mittelalterliche Quellen zeugen da eher vom Gegenteil. Die Entscheidung liegt oft im Handgemenge, das keine Führung mehr kennt.
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