Burg

Aus Scriptorium

Eine Burg ist ein bewohnbarer Wehrbau, der im Laufe des Mittelalters eine unverzichtbare Rolle für 2. Stand, die Verwaltung von Landbesitz und das Militärwesen annahm. Diese Wichtigkeit spiegelt sich in der Menge der Burgen wider, die auch in Outremer gebaut wurden. Burgen sind fast ausschließlich ländlich, d.h. Burgen werden (mit Ausnahmen von Stadtburgen) nicht in Städten wie Jerusalem gebaut - Adlige leben in Städten in Stadtpalais, zum Beispiel einem Liwanhaus oder einem Riad.

Burgarten

Es gibt im Königreich Jerusalem mehrere Typen von Burgen:

  • Königliche Burgen, die direkt dem König unterstehen, von einem Kastellan verwaltet werden und dem territorialen Herrschaftssystem des Königs dienen.
  • Adelsburgen, die für Adlige (inbesondere dem Hochadel) und ihrem Gefolge als standesgemäßer, wehrhafter Wohnsitz herhalten können.
  • Ordensburgen, die einer klerikalen Gemeinschaft Schutz bieten und für die militärischen Orden von Outremer, wie zum Beispiel der Templerorden, das militärische Standbein schlechthin sind.
  • Stadtburgen, die einem örtlichen Vizegrafen unterstehen und in die städtische Verwaltung eingebunden sind. Sie sind das Hauptquartier der örtlichen Stadtwache und Stadtbesatzung. Stadtburgen dienen auch als Fliehburgen, die für die städtische Bevölkerung als Rückzugsorte in Zeiten der Gefahr wichtig sind.

Lage

Die strategische Lage der Burg ist bestimmt durch zwei wichtige Faktoren - Überhöhung über das Umfeld und Kontrolliertheit des Zuganges. Daher wurden oft Burgen im Gebirge oder auf Anhöhen erbaut - sogenannte Gebirgsburgen. Im Flachland werden, da es keine natürlichen Hügel gab, künstliche Hügel errichtet. Diese sind mit einer umlaufenden Mauer und einem Wassergraben, sogenannte Motten, umgeben - diese Burgen werden Wasserburgen genannt.

Die Lage hat zwangsläufig einen einschneidenden Einfluss auf die Größe und Ausstattung einer Burganlage. Je spektakulärer und wehrhafter der Grund der Burg (beispielsweise ein Felsklotz), desto unregelmäßiger und weniger symmetrisch muss die Burg gebaut werden, da das Gelände die Bedingungen vorgibt.

Wenn Schutz durch Steilhänge oder Felsbarrieren vorhanden war, konnte auf aufwendige Hochbauten meist verzichtet werden. Die Baumassen unserer Burgen fallen deshalb meist vergleichsweise bescheiden aus.

Wichtige Bestandteile der Burg

Der wichtigste und offensichtlichste Bestandteil der meisten mittelalterlichen Burgen ist der Turm, der entweder als Wohnturm (Donjon oder Palas) oder als Bergfried gestaltet ist. Ein Bergfried ist im Gegensatz zu einem Wohnturm nicht für eine dauerhafte Wohnnutzung vorgesehen, sondern übernimmt militärische Aufgaben und dient insbesondere als Fliehburg. Wohntürme vereinigen in der Regel beide Funktionen, und sind in Outremer in Burgen weitaus häufiger anzutreffen als Bergfriede - dies kommt daher, dass die meisten Kreuzfahrer Franzosen sind, und der Donjon eine typisch französische Einrichtung ist.

Häufig besitzt die Burganlage weitere Türme, insbesondere an den Toren und an den Mauern. Die Burg ist von einer Mauer und weiteren Befestigungen wie Burggraben, Wall und anderen Annäherungshindernissen wie Hecken umgeben.

Das Gelände innerhalb der Burg beinhaltet zahlreiche Gebäude, die oft militärische Aufgaben inne haben.

Der Wohnturm oder Palas ist das Hauptgebäude in einer Burg. Er beinhaltet einen großen Saal, der wegen der schlechten Beheizbarkeit überwiegend im Sommer genutzt wird, während im Winter die Kemenate der bevorzugte Wohnraum ist. Oft ist der Palas ein in fester romanischer Architektur errichteter Saalbau, dessen repräsentative Aspekte unübersehbar sind.

Es gibt in Burgen noch weitere Wohn- und Wirtschaftsgebäude wie Werkstätten, Backhäuser, Ställe oder Lagerräume. Die Wasserversorgung, ein ständiges Problem der Burgen insbesondere in Outremer, wird durch Zisternen, in denen das von den Dächern der Gebäude ablaufende Regenwasser gespeichert wird, oder mit Hilfe von Eseln als Transporttieren über extra hierfür angelegte Eselswege sichergestellt. Brunnen werden eher selten angelegt.

Den meisten Burgen ist ein Wirtschaftshof zugeordnet, der die Versorgung der Burginsassen mit den notwendigen Gütern sicherstellt. Bei größeren Burgen ist der Wirtschaftshof in der Burg selbst untergebracht. Bei Höhenburgen steht er meist im Tal unterhalb der Burg.

Funktion

Die Burg hat nicht nur eine Wehrfunktion inne, sondern dient auch als repräsentatives Machtzeichen. Burgen sind Statussymbole. Sie bieten aber zumindest kurzfristig auch realen und psychologischen Schutz, was insbesondere im gefährlichen Umfeld von Outremer sehr wichtig ist. Nicht zuletzt will ein Burgherr sich auch von der abhängigen, zumeist einheimischen und daher fremdartigen, Bevölkerung distanzieren.

Größeren Belagerungen können die meisten Burgen nicht auf längere Zeit widerstehen, wobei einige Monate oder gar Jahre Widerstand bei gut ausgebauten Burgen realistisch sind. Belagerungen sind für einen Angreifer jedoch auch sehr teuer, und es kommt oft vor, dass ein Angreifer aus Mangel an finanziellen Mitteln die Belagerung abbrechen muss.

Im Falle einer Fehde oder eines Krieges wird die Burg oft einfach ignoriert. Statt sich auf eine potentiell gefährliche, zeitraubende und kostspielige Belagerung einzulassen, plündert ein Angreifer oft lieber die Dörfer und Höfe des Gegners. Dies entzieht dem Verteidiger die wirtschaftliche Grundlage. Daher haben auch oft Dörfer hölzerne Palisaden, und mache Märkte werden sogar mit Steinmauern umgeben. Gelegentlich findet die gebeutelte Bevölkerung auch kurzfristig in der Burg ihres Herren Unterschlupf.

Die Zahl der waffenfähigen Männer auf einer Burg ist oft klein, manchmal war nur der Burgherr mit seinen Söhnen und einigen Waffenknechten zur Verteidigung bereit. Manche Burgen, in Outremer insbesondere Ordensburgen, können hingegen hunderte oder gar tausende von Kriegern aufnehmen.

Alltag auf einer kleinen christlichen Burg

Der Alltag auf der kleinen Burg eines fränkischen oder armenischen Ritters in Outremer unterscheidet sich deutlich von dem auf einer der großen Höfe des Hochadels, insbesondere der Königlichen Pfalz von Jerusalem. Zwar versucht auch der Niederadel, der höfischen Kultur nachzueifern, aber das tägliche Leben verläuft vergleichsweise bescheiden. Manche Burgleute werden dazu gezwungen, Krautjunker zu werden - das bedeutet, selber Landbau zu betreiben und hinter den Pflug zu gehen. Die Lebensverhältnisse auf den kleinen Burganlagen sind bäuerlich geprägt. Es herrscht räumliche Enge, und viel Platz wird für Tierhaltung eingenommen. Im Winter war die Kemenate oft der einzige gut beheizbare Raum, daneben sorgen auch tragbare Kohlebecken für Wärme. Das tägliche Leben spielt sich überwiegend draußen ab, die Männer gehen zur Jagd oder auf das Feld, die Frauen sind mit den täglichen Haushaltsarbeiten beschäftigt und haben die Dienstboten zu beaufsichtigen.

Diese Alltagspflichten lassen den Burgbewohnern nur wenig Freizeit. Beliebte Zeitvertreibe sind bei den Damen die Handarbeit und auch Brettspiele. Höhepunkte im Burgalltag sind die, besonders in Outremer, seltenen Besuche von fahrenden Sänger und Geschichtenerzähler; der Minnesang als Kunstform wird sich erst noch durchsetzen müssen. Als Kinderspielzeuge gibt es geschnitzte Ritterfiguren und Puppen.

An den Außenmauern findet man den Aborterker, den die Burgbewohner nützen, um sich zu erleichtern. Oft führt von diesen Abtritten ein langer hölzerner Schacht in den Burggraben hinein. Die Fäkalien werden also abgeleitet und nicht einfach nur fallen gelassen.

Turniere gibt es auf den Burgen nur selten. Diese mittelalterlichen Volks- und Sportfeste werden meist in der Nähe größerer Städte abgehalten.

Platz für eine Stätte christlicher religiöser Andacht kann man auf praktisch allen Burgen finden. Größere Anlagen hben eine, manchmal reich ausgestattete, Burgkapelle, kleinere oft nur eine Altarnische oder einen Kapellenerker. Oft finden sich Torkapellen über den Burgeingängen, das Tor als Schwachstelle der Burg wurde also unter besonderen „göttlichen“ Schutz gestellt. Die Kapellen dienen häufig auch als Grablegen der Burgherren.