Turnier

Aus Scriptorium

Das Wort Turnier steht einmal als Sammelbegriff für alle ritterlichen Kampfspiele, zum andern für den Schaukampf zweier Reiterhaufen mit stumpfen Waffen (das "turnei"). Dabei sprengten zwei von Hauptleuten kommandierte Geschwader aufeinander los; das von keinerlei Taktik gelenkte Gefecht löste sich bald in Gruppen- und Einzelgefechte auf. Der aus dem Sattel Gestoßene gab sich gefangen und musste sich manchmal durch Hingabe von Ross und Rüstung oder durch Lösegeldzahlung freikaufen. Für erbelose junge Ritter konnte Turnierbeute zu einer Art Vermögensbildung werden. Diese Praxis erhöhte zwar den Reiz des Spiels, war aber mit dem ritterlichen Geist schlecht vereinbar: Der Ritter ohne Fehl und Tadel kämpfte nicht um Gut.

Mitverantwortlich für das Aufkommen des Turniersportes waren unter anderem die Bemühungen der Könige des christlichen Westens, die Rauf- und Fehdelust der Adligen in zivilisierte Bahnen zu lenken.

Turniere waren meist Teil herausragender Feste der adeligen Gesellschaft oder sie fanden zu regelmäßig wiederkehrenden Terminen statt. Sie gaben Gelegenheit zur Bewährung im Wettkampf, zum Sehen und Gesehenwerden, und nicht zuletzt ging es um das Stimulans bewundernder Frauenblicke. Dabei wurde aus manchem Spiel blutiger Ernst.

Besonders das “Scharfe Rennen”, bei dem zwei Ritter in voller Rüstung mit eingelegter scharfer Lanze aufeinander zusprengten, forderte dermaßen viele Opfer, dass die Kirche seit 1130 (Konzil von Clermont) – wiederholt, aber letztlich erfolglos – den Turniersport durch Exkommunikation und Verweigerung eines kirchlichen Begräbnisses zu unterbinden suchte.

Die Teilnahme an Turnieren war anfänglich kaum reglementiert, erst im späteren Mittelalter musste die Turnierfähigkeit von einem Herold aufgrund genealogischer Gegebenheiten attestiert werden.

Wappen und Farben als heraldische Legitimation schmückten Schild, Helmzier, Waffenrock, covertiure (Überwurf) des Pferdes, wurden auf Fahnen gezeigt und wiederholten sich auf der Kleidung des Trosses.

Der Turnierkampf selbst und die moralischen Ansprüche an die Teilnehmer unterlagen Turnierregeln, über deren Beachtung Kampfrichter und Herolde, aber auch die Gemeinschaft der Turnierenden und das edle Publikum wachten.

Die Turniere wurden zu immer umfänglicheren Massenveranstaltungen und daher zunehmend ungeeignet, um innerhalb einer Stadt ausgetragen zu werden. Eine Wiese oder ein mit Strohmist, Stauberde oder Sand bedeckter Platz am Rande einer größeren Stadt, in welcher den höfischen Gästen samt deren Equipage standesgemäße Unterkunft und Versorgung geboten war, stellte den klassischen Turnierplatz dar. Hier wurde die Kampfbahn abgeschrankt, wuchsen die hölzernen Tribünen, wuchsen ganze Städte von Buden und Zelten aus dem Boden. Schon vor dem eigentlichen Turniertage herrschte quirliges Treiben, strömten Schaulustige und fahrendes Volk zusammen. Tierdompteure, Spielleute, Narren, Gaukler samt ihrem Anhang sorgten für kurzweilige Unterhaltung.

Den Turniertag begannen die Teilnehmer mit einer Messe. Danach wurde der Turniereid abgelegt und die Einteilung der Kampfscharen bzw. -paarungen vorgenommen. Nachdem die phantastisch herausgeputzte Ritterschaft den hohen Damen und Herren gehuldigt hatte, gaben Trompeten das Signal zum Kampfbeginn. Knappen standen in der Arena bereit, um ihrem Herrn beim Aufsitzen aufs Pferd und beim Absteigen behilflich zu sein und um zersplitterte Speere durch neue zu ersetzen. Als Schiedsleute amteten Kampfrichter und Herolde, während Aufpasser direkt im Kampfgewühl auf die Einhaltung der Regeln achteten.

Den Abschluss eines Turniers bildeten die Überreichung der Preise (z.B. Ehrenkränze, Ringe, Goldketten, Edelsteine) durch die Damen und Edelfräulein und eine Tanzveranstaltung, zu der nur unmittelbare Turnierteilnehmer Zutritt hatten.

Buhurt

Der Buhurt war ein Schaukampf zu Ross, bei dem die Kämpfer zweier Parteien hauptsächlich ihre mannschaftliche Disziplin und ihr reiterliches Geschick bei schnellen Paraden und Wendungen, sowie ihre Sattelfestigkeit beim Touchieren von Schild zu Schild beweisen konnten. Auch die choreographisch anspruchsvollere Art des einseitigen Buhurts wurde vorgeführt.

Wie in einer Feldschlacht ritten die beiden Scharen gegeneinander an, wobei sich jeder Kämpfer einen nach Rang, Stärke und Position geeignet erscheinenden Gegner suchte und diesen aus dem Sattel zu stechen trachtete. Nach dem ersten Anrennen erfolgte die Wiederkehr in umgekehrter Richtung. Am Boden fand der Kampf seinen Fortgang mit stumpfen Trutzwaffen (Schwerter, Kolben), wobei das Ziel war, den Gegner zum Aufgeben zu zwingen. Statt einen eigenen Gegner anzunehmen, konnte der Kämpfer auch Freunden zu Hilfe kommen.

Der Buhurt war weniger gefährlich als andere Formen des Turniers und fiel von daher auch nicht unter kirchliches Verbot.