Dritter Stand

Aus Scriptorium
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Der dritte Stand ist der sogenannte Nährstand und umfasst im Grossen und Ganze all jene Menschen in der römisch-katholischen, mittelalterlichen Gesellschaft, die weder Kleriker noch Adlige sind. Die Bezeichnung Nährstand deutet auf die Aufgabe des Standes hin, die darin besteht mittels ihrer Arbeit die Mitglieder des eigenen Standes und jene des ersten und zweiten Standes zu ernähren und zu versorgen.

Der dritte Stand im Königreich Jerusalem kann unter dem Begriff des Bürgertums von Jerusalem zusammengefasst werden.

Die Landbevölkerung besteht zum Großteil aus Bauern, die mit ihrer Arbeit tatsächlich die Ernährung der Gesellschaft sicherstellen. Es gibt hierbei allerdings noch den Unterschied zwischen freien und abhängigen Bauern. Freie Bauern besitzen eigenes Land, dass sie bewirtschaften, von dessen Erträgen sie leben und dessen Überschüsse sie zum eigenen Vorteil verkaufen können.

Sofern die Europäer in Jerusalem Bauern sind, sind es stets freie Bauern. Die meisten europäischen Bewohner des Heiligen Landes jedoch sind Stadtbewohner.

Grob gerechnet kann gesagt werden, dass 95% der Bevölkerung dem dritten Stand angehört - die restlichen 5% sind in etwa zur Hälfte je Kleriker und Adlige. Zu Bedenken ist jedoch, dass es in Jerusalem sehr viele Angehörige des Klerus gab, und der Prozentsatz an Geistlichen daher höher liegen durfte.

Zusammensetzung

Ein nicht zu unterschätzender Prozentsatz der Bevölkerung einer mittelalterlichen Stadt war ohne reguläres Einkommen. Manchmal waren das Leute, die so wohlhabend waren, dass sie sich zur Ruhe setzen konnten. Aber zumeist waren diese Leute gesellschaftlich gesehen genau das Gegenteil - arme, ungelernte Menschen ohne besondere Fähigkeiten, die sich durch Bettelei durchschlugen. Und natürlich gab es noch das kriminelle Element, dass sich oft mit dem Bettlerwesen überlappte.

Die Kriminalität wiederum ging nahtlos über in das unehrenhafteste Gewerbe des Mittelalters - die Prostitution. Hübschlerinnen, Lustknaben und Frauenwirte hatten extrem wenig Ansehen, konnten es aber zu Wohlstand bringen.

Das Bettlertum überlappte sich auch in den Augen vieler mit den Angehörigen der arbeitssuchenden Schicht, die manchmal Arbeit hatten und manchmal keine - den Tagelöhnern und den Söldnern. In schlechten Zeiten nahmen viele arbeitslose Söldner ihr Auskommen in die eigene Hand und werden Räuber. Auch bei arbeitslosen Tagelöhnern besteht die Gefahr, dass sie randalieren können, auch wenn sie nicht so gut bewaffnet sind wie Söldner.

Die fest angestellte Dienerschaft stand über diesem, im Augen des mittelalterlichen Menschen, Sumpf. Die große Mehrheit der mittelalterlichen Menschen waren in irgendeiner Form bedienstet. Es gab folgende Arten des Dienstwesens (außerhalb des adligen Dienstes, welcher eine Kategorie für sich selber darstellt):

  • Arbeiter - Gehilfen von Meistern, Kaufleuten, Krämern und anderen gewerblich Tätigen. Arbeiter nehmen eine untergeordnete Rolle im Handwerk ein und können auch für den Haushalt eingespannt werden.
  • Hausbedienstete - diese Diener sind unerlässlich für das Funktionieren eines Haushaltes. Besonders viele Hausbedienstete gibt es in adligen Haushalten, wo manchmal hunderte von Dienern dafür sorgen, dass sich die Herrschaften wohl fühlen.
  • Soldaten - Waffenknechte sind fest angestellte Soldaten im Dienst von Hauptleuten, Rittern, Edelknechten oder noch höheren Adligen.

Bauern gab es auch innerhalb einer Stadt - diese wurden "Ackerbürger" benannt. Sie waren Bürger der Stadt, und besaßen innerhalb der Stadt ein Stück Land, das sie bebauten. In Jerusalem war dies möglich im Osten des jüdischen Viertels und im Norden des syrischen Viertels. Die meisten bauern aber lebten außerhalb der Mauern der Stadt, und fanden darin Zuflucht, wenn Gefahr aufzog.

Handwerker standen im hohen Ansehen. Meister gab es nur wenige. Lehrlinge nannte man jene jungen Leute, welche ein Gewerbe gerade erlernten. Viele von ihnen schafften es nicht, die Meisterprüfung zu bestehen, erwarben keinen entsprechenden Abschluss, und mussten als bloße Gehilfen ein Auskommen finden.

In noch höherem Ansehen standen Kaufleute, welche Waren aus der ganzen Welt in die Stadt importierten. Kaufleute verkauften ihre Waren selten selber an Kundschaft (schließlich ist das eine sehr zeitraubende Tätigkeit, die vom Import/Export-Geschäft ablenkt) - sie engagierten Krämer, um ihre Waren öffentlich zu verkaufen. Krämer hatten ihre Stände an allen wichtigen Straßen der Stadt. Von einem Krämer, der einen Draht zu einem Kaufmann hatte, welcher (durch zahlreiche Mittelmänner) Waren aus dem fernen Osten importierte, konnte man zum Beispiel Seide erstehen.

Im höchsten Ansehen standen jene Männer, die akademische Berufe ausübten - ein an der Universität von Salerno ausgebildeter Medicus oder ein Jurist von der Universität Bologna würden an Ansehen mit hochrangigen Adligen wetteifern. Allerdings waren die allermeisten Mediziner, Juristen und vor allem Theologen Kleriker.