Fatimidisches Kriegswesen

Aus Scriptorium

Im Gegensatz zu den europäischen Kreuzfahrern hatten die Fatimiden kein feudales Heer, das sich aus Lehensaufgeboten zusammensetzte, sondern ein professionelles, stehendes Heer. Dieses bestand teils aus freien Soldaten, teils aus Sklavensoldaten. Dies unterschied sich markant vom Kriegswesen der Franken.

Etwa die Hälfte des Heeres der Fatimiden bestand aus Sklavensoldaten; die restliche Hälfte aus freiwilligen Rekruten – aber noch 40 Jahre zuvor hatten die Sklaven im Heer die Freien an Anzahl übertroffen. Sklavensoldaten kamen aus Randgebieten der islamischen Welt, die keinerlei Loyalität zu einheimischen Faktionen oder Gemeinschaften hatten, und leicht auf Sklavenmarkten zu erhalten waren.

Truppenarten

Die Truppen setzten sich zusammen aus verschiedenen Nationalitäten. Jede Nationalität hatte eine besondere Spezialität, die sie von anderen unterschied. Regimente bestanden immer nur aus einer Nationalität, angeführt von freien Offizieren derselben Nationalität. Dieser Abschnitt versucht einen Überblick über die verschiedenen nationalen Gruppen des Fatimidenheers zu geben.

Kutama

Berber, besonders aus dem Stamm der Kutama, stellten einen besonders prestigeträchtigen Heeresteil dar. Dies kommt von der historischen Bedeutung der Kutama-Berber für die Fatimiden. Die Kutama, ursprünglich aus dem heutigen Tunesien, waren die ersten, die von den Fatimiden zum ismailitischen Schiitismus konvertierten, und den ersten Kalifen, Abdullah Al-Mahdi Billa, als solchen anerkannten. Es war dank der von ihm aufgestellten Kutama-Regimente, dass seine Nachfolger Ägypten erobern konnten. Die Berber ließen sich daraufhin in Ägypten nieder, sodass sie den Fatimiden auch nach dem Verlust von Tunesien und Libyen zur Verfügung stehen.

Es ist aufgrund dieser historischen Bedeutung, dass die Kutama des Fatimidenheeres freie Leute sind, nicht etwa versklavt, und sich freiwillig in den militärischen Dienst begeben. Für die in Ägypten lebenden Kutama war der Heeresdienst ein Teil des Selbstverständnisses jenes Volkes, welches den Fatimiden nach Ägypten gefolgt war.

Neben den Kutama gab es auch andere, kleinere Berbergruppen, die ebenfalls Regimente hatten, vor allem die Batiliyya, die gleich ausgerüstet waren wie die Kutama.

Die Kutama-Regimente setzten sich zusammen aus leichter Reiterei, bewaffnet mit Speeren und Schwertern. Sie trugen leichte Rüstungen und waren dadurch schnell und wendig, wenn auch verwundbar durch Angriffe von fränkischen Rittern.

Türken

Die Türken stellten die Elite des Fatimidenheeres – die Mameluken. Sie rekrutierten sich aus den türkischen Völkern der Steppe – aus den Ogusen, Kumanen, Kiptschaken, Petschenegen, Karluken und anderen Türkvölkern, welche damals noch heidnisch waren. Die Türken waren geübte und ausdauernde Reiter, die mit dem Bogen ungleich geschickt umgehen konnten. Von allen Heeresteilen waren die türkischen Mameluken die Einflussreichsten und Wohlhabendsten – später würden sie die Macht in Ägypten komplett an sich reißen. Sie konkurrierten oft mit den Nubiern und lieferten sich mit ihnen gar wahre Bürgerkriege.

Die Mameluken waren nicht frei; allerdings waren ihre Offiziere entweder befreite Ex-Sklaven oder aber freie türkische Freiwillige, die sich den Fatimiden anschlossen.

Die türkischen Mameluken waren die am besten ausgerüsteten Soldaten des Heeres der Fatimiden. Sie trugen ein Kettenhemd sowie einen eisernen Helm, und waren bewaffnet mit einem Schwert und Schild, sowie auch einem Bogen, aus welchem sie reitend Pfeile abschießen konnten.

Nubier

Nubische Sklavensoldaten, auch Abid (Diener) genannt, stellten die Mehrheit der Sklavensoldaten des Fatimidenheeres. Ihre Dominanz ist auf einen massiven Ankauf von Sklaven aus dem heutigen Sudan um das Jahr 1000 herum herzuleiten. Die massive Inkludierung von schwarzen Sklaven in das Heer hatte eine destabilisierende Auswirkung auf das Verhältnis des Fatimidenkalifats mit der Bevölkerung und anderen Heeresteilen, da sie den Ruf hatten, undiszipliniert und raublustig zu sein – und zahlreiche Übergriffe durch schwarze Soldaten an die Zivilbevölkerung trugen nicht dazu bei, die Vorurteile zu zerstreuen. Auch die verheerenden und regelmäßigen Bürgerkriege mit den Türken hatten eine schlechte Auswirkung auf das Kalifat.

Nubische Sklavensoldaten waren nicht frei; allerdings waren ihre Offiziere befreite Ex-Soldaten.

Die Nubier waren eine Infanterieeinheit. Ausgestattet waren sie mit schwerer Rüstung, Speeren und Bögen.

Beduinen

Beduinen stellten, nach dem Verlust der arabischen Besitzungen, nur noch einen kleinen Teil des Fatimidenheeres dar; allerdings existierten sie noch immer. Sie wurden in Arabien angeworben und in Ägypten in Regimenten untergebracht. Oft waren sie sunnitisch, kämpften aber ohne Probleme gegen sunnitische Feinde des Kalifats.

Die Beduinen waren frei; eine Karriere im Fatimidenheer stellte für einen Beduinen aus Arabien eine gute Möglichkeit dar, zu Reichtum und Ansehen zu gelangen.

Ausgerüstet waren Beduinen mit leichter Rüstung, sowie Speeren und Wurfspeeren. Oft ritten sie auf Kamelen.

Armenier

Im Heer der Fatimiden gab es auch Regimente von Armeniern. Diese waren teils zu Pferd, teils Infanterie. Im Gegensatz zu dem, was man vermuten könnte, waren sie frei und christlich. Sie wurden in Armenien rekrutiert und stellten eine Zeit lang einen beträchtlichen Anteil am Fatimidenheer. Durch ihre Religion aber waren sie unbeliebt, und der Zugang zu Armenien wurde durch die Kreuzfahrer abgeschnitten; aus diesem Grund gibt es nicht mehr viele Armenier im Heer der Fatimiden.

Ausgerüstet waren die Armenier mit einem Kettenhemd, Speeren und Bögen.

Ägypter

Vor den Kreuzzügen verwendeten die Fatimiden nicht einheimische Soldaten; diese hatten nämlich Bindungen an hiesige Gemeinden und Faktionen, und es wurde gedacht, dass dies ihre Treue zum Kalifen unterminiert. Seit dem ersten Kreuzzug jedoch werden zunehmend Ägypter rekrutiert. Das ergab sich aus der Verzweiflung der Fatimiden heraus, Soldaten zu finden. Die Ägypter hatten einen sehr schlechten Ruf – sie hatten örtliche Verbindungen, die sie unzuverlässig machten, und unterliefen kein so rigoroses Training wie die Sklavensoldaten, da man sie als Freie nicht so hart behandeln konnte. Aus diesem Grund sah man sie oft als verweichlicht an.

Die Ägypter stellten vor allem Infanterie; bewaffnet waren sie mit leichter und auch mit schwerer Rüstung, sowie mit langen Speeren.

Andere

Vereinzelt gab es auch andere Nationalitäten in der fatimidischen Armee – Syrer, Slawen (Saqaliba), Griechen (Rum), Perser aus Dailam und Zuwayla aus dem heutigen Tschad. Diese aber erreichten nie die Bedeutung anderer Nationalitäten.

Rekrutierung und Ausbildung

Sklavensoldaten wurden erstanden von Sklavenhändlern, die jene Sklaven aus ihren Herkunftsgebieten erstanden hatten.

Freiwillige konnten sich nach der Unterziehung eines Befähigungstest einschreiben.

Regimente

Das Militär war unterteilt in Regimente - auf arabisch jund.

Entlohnung

Die Entlohnung geschah durch die Institution der Iqta.

Taktik

Ägyptische Armeen verlassen sich vor allem auf Massen von sudanesischen Bogenschützen, unterstützt von arabischer und berberischer Kavallerie. Da die Bogenschützen unberitten sind, und die Reiter mit Lanze und Schwert den Angriff erwarten, stellt das fatimidische Heer das perfekte unbewegliche Ziel für fränkische Ritter dar. Die Fatimiden benützen nur selten oder gar nicht berittene Bogenschützen. Aus diesem Grund schauen die Kreuzfahrer auf die Fatimiden als Gegner herab, auch wenn die Fatimiden es manchmal schaffen, die Kreuzfahrer zu schlagen - oft nur durch reine Überzahl.