Alphabetisierung

Aus Scriptorium
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Alphabetisierung ist das Ausmaß, zu welchem ein Mensch in der Lage ist, zu lesen, zu schreiben und zu rechnen. Dieser Artikel behandelt die Alphabetisierung unter Abendländern und Morgenländern im Heiligen Land, sowie die schriftlichen Sprachen. Siehe auch Schriftlichkeit für die Tätigkeit des Lesens und Schreibens im Mittelalter allgemein.

Abendländer

Da vor dem 16. Jahrhundert das Konzept der allgemeinen Schulpflicht im Abendland unbekannt war, war auch die Alphabetisierung der Gesellschaft auf einem niedrigen Niveau. Zwar war der Anteil der Bevölkerung, der lesen, schreiben und rechnen konnte, seit dem Frühmittelalter stetig gestiegen, aber dennoch konnten immer noch wenige Leute lesen.

Alphabetisierung kann natürlich nicht gut definiert werden. Viele Leute waren in der Lage, ihren Namen zu erkennen, einigen war es möglich, Texte mühsam zu entziffern, aber nur wenige würden es verstehen, fließend und gut zu lesen, schreiben und rechnen.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass etwa 5 Prozent der männlichen Lateiner lesen und schreiben konnten. Bei Frauen war der Prozentsatz um einiges niedriger, da es bei Frauen weniger wahrscheinlich war, dass es für sie nötig war, zu lesen und zu schreiben.

Dies ist auch dadurch bedingt, dass wenig Literatur gab - erst ab Ende des 12. Jahrhunderts gab es nennenswerte Prosa-Literatur im Abendland. Das Konzept der Universität stak ohnehin noch in den Kinderschuhen (die Universität Bologna beansprucht für sich, seit 1088 zu existieren, aber ihre Existenz ist erst ab 1140-50 nachweisbar). Was auch schädlich war, war, dass das Lesen als eine nicht sehr mannhafte Beschäftigung gesehen wird - es war etwas für zurückgezogene Schriftgelehrte, nicht für Männer, die Wert auf Respektabilität und Ehrenwertigkeit legen.

Morgenländer

Der Nahe Osten war, im Gegensatz zu Europa, eine der Regionen mit der höchsten Alphabetisierung während des Hochmittelalters, und Heimat von Buchmärkten, riesigen Bibliotheken und fortgeschrittener Bücherproduktion. Nachdem das Papier im Laufe des 10. Jahrhunderts in der arabischen Welt eingeführt worden war, schnellte die Anzahl der Bücher rasant in die Höhe. In der arabischen Welt hat seit jener Zeit das geschriebene Wort eine wichtige Rolle gespielt, was bedingte, dass das Lesen eine Beschäftigung für weite Teile der Gesellschaft geworden war. Daher war das Lesen und Schreiben nicht nur eine Beschäftigung für islamische Kleriker und Edelleute, sondern auch für eine wachsende Anzahl von Händlern und Handwerkern.

Viele junge Muslime besuchten Koranschulen wie z.B. eine Madrasa, in der Schriftlichkeit vermittelt wird, und das Lesen wurde von der Gesellschaft eindeutig gefördert, zum Beispiel durch Lesesalons, in der es gemeinschaftliche Lesesitzungen gab.

In der abendländischen Gesellschaft war von einer Alphabetisierungsrate von etwa 20 Prozent bei Männern auszugehen. Wie auch in Europa war die Alphabetisierung bei Frauen weitaus niedriger anzusetzen.

Geschriebene Sprachen

Obwohl es schon seit dem 9. Jahrhundert schriftliche Beweise für europäische Sprachen gibt, sind diese extrem spärlich. Die Sprache der Schriftlichkeit der Abendländer war, fast ohne Ausnahme, bis ins 14. Jahrhundert Latein.

In der Levante wird Latein als Wichtigkeit als geschriebene Sprache fast aber überholt vom Griechischen - eine äußerst wichtige Sprache für Handel und Schiffsverkehr.

Für die Abendländer ist die wichtigste Sprache das geschriebene klassische Arabisch des Korans, welches von Oman bis Spanien verständlich ist und in dieser Form benutzt wird.

Quellen

Mortimer, Ian: "The Time Traveller's Guide to Medieval England"

Hirschler, Konrad: "The Written Word in the Medieval Arabic Lands: A Social and Cultural History of Reading Practices"

http://medievalwriting.50megs.com/writing.htm