Morgenländische Medizin

Aus Scriptorium

Die muslimischen arabischen Herrscher erkannten sehr früh die Wichtigkeit von Medizin für die Stabilität und den Fortschritt der Gesellschaft. Als das Abendland noch im "dunklen" Zeitalter steckte, errichteten die Araber Institutionen wie das Haus der Weisheit in Bagdad, um das akademische und wissenschaftliche Wissen, welches die Araber erlangt hatten, zu verbessern, organisieren und seine Verbreitung zu erleichtern

Im Lauf des 9. Jahrhunderts wurden die Werke der griechischen Ärzte wie Galen und Hippokrates, oft durch syrische Christen, ins Arabische übersetzt. So gelangte das Wissen des Abendlands ins Morgenland.

Zusätzlich wurden große enzyklopädische medizinische Werke geschrieben, wie das von al-Razi (Rhazes) und Ibn Sina (Avicenna). Deren Werke wurden im frühen 12. Jahrhundert ihrerseits ins Lateinische übersetzt, und bildeten bis ins 17. Jahrhundert einen Fixpunkt im medizinischen Lehrplan.

Die morgenländische Medizin fußte also auf dem selben Fundament wie die abendländische, den Werken der griechischen Mediziner, und bereicherte die Abendländer durch ihre Erkenntnisse. Dennoch, trotz der Akzeptanz der Lehre von den 4 Körpersäften, blieb durch das ganze Mittelalter hindurch die morgenländische Medizin der abendländischen voraus. Dies hatte mehrere Gründe:

  • Die ständige Einführung von medizinischen Spezialbereichen mitsamt Forschung und Praxis wie zum Beispiel Gynäkologie, Schwangerschaft, Embryologie, Kinderheilkunde, Ernährungsmedizin, öffentliche Gesundheit, und Psychologie, während abendländische Mediziner die Notwendigkeit von spezialisierten Untergebiten verkannten.
  • Überlegende Diagnosemethoden, Behandlung und Prävention von neueren Krankheiten wie Masern und Pocken.
  • Die Entwicklung eines fortgeschrittenen Apothekerwesens, welches medizinisches Wissen mit dem Wissen über Heilkräuter verband.
  • Im Gegensatz zur abendländischen Medizin, welche Medizin und Chirurgie strikt trennte, verbanden Muslime Chirurgie mit dem Studium der Medizin, und entwickelten ihre Praxis und Techniken wissenschaftlich.
  • Eine starke Tradition des Hospitalwesens, welches seit dem 8. Jahrhundert im arabischen Raum existierte. Islamische Hospitäler standen allen Angehörigen der Gesellschaft offen, hatten eine sorgsame Verwaltung und konnten bis zu 8000 Patienten fassen. Sie wurden unterteilt in verschiedene Räume, je nach Geschlecht und Krankheit. Zudem hatten Hospitäler ihre eigene Apotheke und Einrichtungen, in denen Medizin zubereitet werden konnte. jedes Hospital hatte zudem ein Lehrlingsprogramm, in welchem angehende Ärzte unter der Führung eines Arztes praktische Erfahrung erlangen konnten. Zwar errichteten abendländische Franken unter Einfluss dieser islamischen Einrichtungen seit dem 11. Jahrhundert auch Hospitäler, wie den Muristan, aber dennoch hinketen diese christliche EInrichtungen den muslimischen hinterher.