Seneschall

Aus Scriptorium

Der Seneschall ist eine wichtige Persönlichkeit im Königreich Jerusalem, da er gemeinsam mit dem Schatzmeister die Obhut über die königliche Schatzkammer innehat und den König bei dessen Anwesenheit in der Haute Cour vertritt. Auch hat er die Aufsicht über das königliche Hausgut. Der Seneschall ist für das Königreich ähnlich wichtig wie der Konstabler, doch während der Konstabler mit den militärischen Aufgaben des Herrschers betraut ist, sind an den Seneschall die zivilen Verantwortungen des Monarchen delegiert.

Rechte und Pflichten

  • Erteilung des Jerusalemer Bürgerrechts an römisch-katholische Männer und Frauen
  • Sofortige Vorlassung zu Privataudienzen mit dem König
  • Vorsitz über die Haute Cour und Proposition auf der Haute Cour im Fall der Absenz des Königs
  • Aufsicht über den Schatzmeister und seine Aktivitäten
  • Beaufsichtigung der königlichen Burgen und des königlichen Hausgutes
  • Auszahlung des Konstablers vor einer militärischen Operation
  • Organisation der Krönung des Königs
  • Übergabe des Schwertes und des Zepters an den neuen König bei der Krönung

Ablauf einer geschäftigen Woche des Seneschalls

Folgender Text ist nur ein Beispiel einer typischen Woche eines Seneschalls. Dieser Alltag könnte komplett anders aussehen, zum Beispiel während der Planung einer Krönung. Gleichzeitig können auch Tage, sogar Wochen verstreichen, in der der Seneschall nicht sonderlich viel tun muss. Dieser Text ist daher nur als Verdeutlichung und Inspirationsquelle für das Ausspielen dieses Amtes gedacht.

Montag

Am Morgen empfängt der Seneschall einen Bittsteller – einen verarmten Edelknecht – der hofft, Vogt eines Dorfes im königlichen Hausgut werden zu können. Es ist ganz normal, dass mindere Bittsteller sich zuerst an den Seneschall wenden, denn immerhin besitzt jener umfangreiche administrative Macht und kann kleinere Ernennungen und Adjustierungen bezüglich der Verwaltung des Hausguts seines Herrn ausführen, ohne dass er seinen Herrn damit behelligen muss. Der junge Adlige macht einen guten Eindruck auf den Seneschall; der Seneschall verspricht dem jungen Edelmann, es sich zu überlegen und dies vielleicht auch der Königin vorzubringen.

Am Nachmittag geht er zur Pfalz, um sich dort im Arbeitsraum des Schatzmeisters in der Schatzkammer mit dem Schatzmeister zu treffen. Der Schatzmeister untersteht dem Seneschall, und somit muss er ihn als Vorgesetzten behandeln. Der Schatzmeister erklärt dem Seneschall die Ausgaben und Einnahmen der Krone in der letzten Woche. Ausgehend von den Einkünften und Ausgaben muss der Seneschall abschätzen, ob das Königreich sich finanziell auf einem guten Weg befindet oder ob Eingriffe gemacht werden müssen. Der Schatzmeister und der Seneschall diskutieren über die Finanzpolitik des Königreichs und diskutieren Ausgaben, die eventuell gestrichen werden könnten. Einfach ist das nicht, denn viele Interessen stehen diesen Ausgaben entgegen, und dem Seneschall steht es nicht zu, eigenmächtig große Änderungen in der Budgetpolitik zu machen – dies muss er mit der Königin absprechen!

Dienstag

Am Morgen lässt der Seneschall den Kämmerer zu sich rufen – da der Seneschall wichtiger ist als der Kämmerer, kann er diesem ohne weiteres Anweisungen geben. Er diskutiert mit ihm die Ausgaben des Haushaltes und kritisiert, dass der Kämmerer so viel für einen kürzlich erfolgten Auftritt von Gauklern in der Pfalz ausgegeben hat . Der Kämmerer argumentiert, dass Qualität ihren Preis hat, und man die Gaukler nicht günstiger hätte bekommen können. Der Seneschall zweifelt daran.

Am Nachmittag geht der Seneschall in die Pfalz und spricht mit der Königin über die Finanzpolitik ihres Haushaltes, dabei diverse exorbitante Ausgaben der Vergangenheit ansprechend. Die Königin hört ihm zu und beschließt, in der nächsten Zukunft keine Gauklerauftritte mehr anzufordern, um die Bilanz des Staates nicht zu überstrapazieren. Der Seneschall ist erleichtert. Bevor er nach Hause geht, trifft er sich noch mit dem Mundschenk, um mit ihm ein paar Worte über die Ausgaben bezüglich Wein im königlichen Weinkeller und die Einkünfte aus den königlichen Weinfeldern im kommenden Monat zu wechseln .

Mittwoch

Am Morgen begibt sich der Seneschall zum Hohen Gericht, welches heute Gericht hält. Er nimmt den Platz der Königin ein – die Königin wäre im Normalfall Richterin im Hohen Gericht, delegiert jedoch kleinere und wenig bedeutsame Fälle an den Seneschall. Dem Seneschall gegenüber treten zwei Ritter vor; der eine beschuldigt den anderen, ihm ohne Grund die Nase gebrochen zu haben, der andere gibt das zu, behauptet aber, er hätte in Notwehr gehandelt. Die Barone des Königreichs befinden für den Kläger. Der zweite Fall betrifft einen kniffligen und schwammig formulierten Vertrag zwischen einem Kaufmann und einem Herrn. Der Seneschall beschließt, einen rechtlichen Rat beim Kanzle einzuholen – der Kanzler ist der gebildetste Mann am Hof und Rechtsberater der Krone. Ausgehend von der Beratung des Kanzlers befindet der Seneschall für den Herrn und gegen den Kaufmann.

Am Nachmittag trifft der sich Seneschall mit seinem Stab, also mit seinem eigenen Seneschall, seinem Schatzmeister, seinem Kanzler und ein paar Rittern, um über die sinkenden Einnahmen aus einer Stadt im Hausgut zu diskutieren. Man beschließt, dass dies nichts Systematisches, sondern nur etwas Vorübergehendes ist, daher werden keine weiteren Schritte unternommen – wenn der Seneschall und sein Stab beschlossen hätten, dass man dagegen etwas unternehmen müsste, hätten sie zusammen einen Plan ausgefeilt, den der Seneschall der Königin hätte präsentieren können.

Donnerstag

Der Seneschall trifft sich am Abend mit dem Konstabler, um mit diesem gemeinsam Rechenschaft abzuhalten über die Ausgaben des Militärs sowie eine mögliche Umbesetzung eines Kastellans – da Burgen Teil des königlichen Haushaltes sind, fallen sie in das Ressort des Seneschalls, aber da sie militärische Anlagen sind, ist auch der Konstabler dafür verantwortlich. Daher müssen solche Entscheidungen gemeinsam gefällt werden. Seneschall und Konstabler einigen sich auf einen Kandidaten und beschließen, ihn gemeinsam der Königin vorzuschlagen, sodass diese nicht allein entscheiden muss.

Am Nachmittag empfängt der Seneschall einen syrischen Großbauern aus einem Dorf nahe Jerusalem, der eine Beschwerde über den dortigen Vogt hat. Er prangert den Vogt wegen seiner Bestechlichkeit an und verlangt, dass ein anderer eingesetzt wird. Der Seneschall verspricht ihm, sich die Sache anzuschauen.

Freitag

Am Morgen geht der Seneschall zur Königin, um ihr den Edelknecht, mit dem er am Montag gesprochen hat, als Vogt des Dorfes, welches einen neuen Vogt braucht, vorzuschlagen. Die Königin nickt dies ab. Da eine solche Sache es allein kaum wert wäre, bei der Königin extra vorzusprechen – außer es würde sich um einen speziellen Schützling des Seneschalls halten – plaudert man. Der Seneschall steht der Königin stets als Gesellschafter zur Verfügung, denn immerhin muss man das ganz besonders große Vertrauen seines Herrn besitzen, um Seneschall und somit Statthalter des Herrn in jeglichen zivilen Belangen zu werden. Insbesondere bespricht man die Leistungen des Weinschenks und des Kämmerers – da der Seneschall der zivile Vertreter der Königin ist, hat er in diesen Angelegenheiten ebenfalls Mitspracherecht, insbesondere da der königliche Haushalt einen guten Teil des Staatsvermögens verschlingt. Man einigt sich darauf, dass der Seneschall dem Schatzmeister anordnen soll,eine Wirtschaftsprüfung in Bezug auf die königlichen Weinfelder anzustrengen.

Am Nachmittag lässt der Seneschall sich von seinem Kanzler Meldungen aus dem königlichen Hausgut, von diversen Vögten, Pflegern und Amtsleuten vorlesen. Die wiederholten Nachrichten, dass die Reisernte wahrscheinlich nicht so gut ausfallen wird wie im letzten Jahr, bereitet dem Seneschall Sorgen. Er sendet einen Befehl an einem der Vögte in den Dörfern des Krongutes aus,die Reisernte mit besonderer Sorge im Auge zu behalten und genaue Berichte über deren Fortschritt weiterzuleiten.

Samstag

Der Seneschall lädt den venezianischen Konsul bei sich ein und verbringt den Vormittag damit, mit diesem über finanzielle Instrumente und Buchführung zu sprechen. Der Seneschall versteht nicht notwendigerweise viel darüber, und hat sicher nichts dergleichen in einer Schule gelernt – der Seneschall ist immer adlig, sodass er von niedrigrangigeren Männern den Respekt erhält, den auch sein eigener Herr erhalten sollte – er sollte aber zumindest die Fundamente kennen, und stets dazu bereit sein, mehr anzulernen. Der Samstag ist ein guter Tag, um mehr mit den wirtschaftlichen Geschehnissen in der weiteren Welt außerhalb von Jerusalem vertraut zu werden.

Am Nachmittag spielt der Seneschall zusammen mit seinen Leuten Würfel. Da auch die Vertrauten des Seneschalls in die Verwaltung des Staates mit eingebunden sind, ist es wichtig, mit ihnen feste und haltende Bande zu schließen, und mit ihnen Sachen zu unternehmen. Das Glücksspiel ist auch gut dafür, den Seneschall abzuschätzen zu lassen, welcher seiner Männer mit Geld vorsichtiger ist, und welcher mehr auf Risiko geht.

Sonntag

Der Seneschall besucht die Königin und wohnt dem Mittagsessen mit ihr bei. Er plaudert mit ihr über diverse Kandidaten für zukünftige Vakanzen unter Vögten, aber nichts Genaues ergibt sich – vor allen Dingen ist dieser Besuch dazu da, um die Bande zwischen den beiden zu pflegen, denn im Mittelalter wurden Beruf und Freizeit viel weniger getrennt als heutzutage. Am Nachmittag geht er wieder nach Hause, um den Rest des Tages mit seiner Familie zu verbringen.