Frauenheilkunde

Aus Scriptorium

Als bezeichnendes Beispiel für mittelalterliche Traditionelle Heilkunde wird hier die Frauenheilkunde beschrieben.

Verhütung

Zur Empfängnisverhütung waren mehr oder weniger wirkungsvolle Methoden im Umlauf.

Das Tragen des Labs eines Hasen, die Verwendung von Blättern oder Früchten der Trauerweide in der Vagina soll verhütende Wirkung haben. Auch das Trinken des Urins eines Schafes soll verhütende Wirkung gehabt haben.

Albertus Magnus (1200 –1280 n.Chr.) empfahl Frauen, sich „den Finger sowie den Anus eines toten Feten an den Hals zu hängen“. Ein anderer Tipp von Albertus Magnus lautete: „Man solle einem weiblichen Wiesel das Bein abschneiden, das Tier aber leben lassen und dieses Bein einer Frau an den Hals binden und sie wird nicht empfangen, solange sie es dort trägt; wenn sie es aber abnimmt, wird sie schwanger werden.“

Sicher ist, dass Magie das gesamte Mittelalter hindurch eine wichtige Methode zur Verhütung von Schwangerschaften war. Die abstoßendsten und unsinnigsten Empfehlungen waren gut genug: ein Trank aus Milch und Mäuseblut, eine Speise aus in Menschenfett gebratenen Kaulquappen, drei Mal einem Frosch ins Maul spucken, vor dem Geschlechtsverkehr die Milch einer stillenden Frau trinken, Trinken von Widder- oder Hasenurin oder sich einen Beutel mit Hasenkot um den Hals hängen. Auch Edelsteinen wurde eine verhütende Wirkung nachgesagt, so soll der Smaragd den männlichen Sexualtrieb hemmen.

Das Verstopfen des Muttermundes mit Materialien wie feingehacktem Gras, Tang oder Steinen führte zu einer verhütenden Wirkung, im Orient wurden dazu auch dünne Platten Bienenwachs verwendet.

Körperliche Übungen und bestimmte Positionen beim Akt sollten zur Verhütung dienen. Empfohlen wird der Frau im Moment des Samenergusses ihren Körper zurückzuziehen, so das der Samen nicht eindringen kann. Danach soll sie sich mit angezogenen Knien hinsetzten und dreimal niesen. Prostituierte seien nach dem Akt auf und abgesprungen, um den Samen aus dem Körper auszustoßen außerdem verhüteten die leichten Damen oft mit einem Schwamm, den sie in Essig tauchten und dann einführten. Andere Rezepte empfahlen den gleichzeitigen Orgasmus zu vermeiden. Ebenso gab es die Empfehlungen des Coitus interruptus und des Coitus reservatus.

In Europa wurden vor allem Gartenmelde, Osterluzei, Hirtentäschel, Efeu und Wasserpfeffer verwendet. Viele dieser Pflanzen wurden mit Auszügen von Schafgarbe, Wegerich, Silberpappel und Pimpernelle gemischt. Auch das Fruchtfleisch vom Granatapfel vermischt mit Alaun wird als Verhütungsmethode angeführt. Männer die Ihre Lust dämpfen wollten, sollten sich Blätter des schwarzen und weißen Bilsenkrauts auf die Hoden legen.

Die Kirche empfahl zur Verhütung natürlich die Enthaltsamkeit.

Abtreibung

Wenn die Verhütung fehlschlug und die unerwünschte Leibesfrucht nun einmal da war, blieb manches Mal nur noch die Abtreibung. Diese wurde von der Kirche abgelehnt, von der Bevölkerung trotzdem praktiziert. Pflanzliche Abtreibungsmittel waren z.B. Mutterkorn, Efeu, Gartenraute, Haselwurz, Petersilie, Rainfarn, Sadebaum, Salbei, Wermut, Malve, sie wurden zu Tränken gebraut oder äußerlich angewendet.

Reizende Dämpfe von brennenden Eselshufen oder Eselsmist sowie Habicht oder Taubenmist sollen zur Abtreibung verwendet worden sein. Außer mit Medikamenten suchte man den Fetus durch heiße Sitzbäder, Aderlass, Klistiere, exzessive Bewegung, Heben schwerer Lasten, Massagen, Fasten- und Abführkuren sowie durch illegale mechanische Eingriffe abzutreiben. Letztere hatten oft verheerende Schäden, wenn nicht den Tod der Frau zur Folge.

Schwangerschaft

Eine Schwangerschaft war die bedeutendste Zeit für eine Ehefrau, denn in dieser Zeit musste sie alles tun, um ihrem Gemahl einen gesunden Erben zu gebären. Gerade der Beginn der Schwangerschaft war hier allerdings nicht ohne weiteres festzustellen. Die Volksmedizin verwendete Malven als Schwangerschaftstest: ließ der Urin einer Frau eine damit benetzte Malven innerhalb dreier Tage verdorren, so war sie nicht schwanger, allerdings ist umstritten wie verbreitet diese Methode war.

Die verbreitetsten Zeichen waren jene, die uns auch heute noch bekannt sind: Das Ausbleiben der Monatsblutung, empfindliche Brüste, eigenartige Gelüste und Übelkeit. Die verlässlichste Methode waren Kindsbewegungen, da diese aber meistens erst im gegen Ende des vierten Monats zu spüren sind war es schon interessant, vorher Bescheid zu wissen.

Während der Schwangerschaft legte man der Frau schon damals nahe, sich möglichst nicht zu sehr aufzuregen, damals ging man davon aus, dass Stress dem Kind Kraft entzog. Des Weiteren sollten die Schwangeren nicht zu scharf oder zu schwer essen, generell wurden den werden Müttern eher viele und kleine Mahlzeiten empfohlen.

Zu dieser Zeit noch besonders interessant war das Geschlecht des Ungeborenen, hierzu gab es diverse, zum Teil skurrile Methoden, die sich ironischerweise zum Teil widersprachen.

So hieß es etwa wenn die Frau mehr Brust in der rechten Brust hatte und die rechte Körperseite mehr angeschwollen war, dann wäre es ein Junge. Genau so wurde gesagt, dass die werdende Mutter eine gesündere Gesichtsfarbe hätte, während sie bei einem Mädchen bleich und schwermütig sei, weil sie das „Unglück“ schon erahne.

Genau das Gegenteil behauptete der noch sehr lang verbreitete Glaube, dass der Mutter im ersten Drittel der Schwangerschaft die Übelkeit mehr zusetzte, wenn sie einen Jungen trug – wieder andere behaupteten das umgekehrt. Manche dieser Weisheiten sind heute noch im Umlauf.

Weit verbreitet war auch der Einfluss der Eltern aufs Geschlecht der Kinder. So wurde etwa allgemein angenommen, dass ein Mann, der in der Ehe das Sagen hatte eher Söhne zeugte, wer einen Drachen Zuhause hatte und unter der Fuchtel der Gattin stand, der zeugte „nur“ Mädchen. In jedem Fall war es die Frau, die Schuld am falschen Geschlecht trug.

Überblick über Anzeichen zum Geschlecht

Anzeichen für einen Sohn:

- spitzer Babybauch

- gesunde Gesichtsfarbe

- allgemein gute Verfassung

- volles, glänzendes Haar der Mutter

- die rechte Körperhälfte ist mehr angeschwollen


Anzeichen für ein Mädchen:

- runder Babybauch

- Hautunreinheiten

- Heißhunger auf süße Speisen

- die linke Körperhälfte ist mehr angeschwollen

Geburt

Eine Geburt war im Mittelalter stets ein zweischneidiges Schwert. Im Optimalfall hatte man danach eine erschöpfte Frau, oft genug verlor man aber in einem Atemzug Gemahlin und Stammhalter. Bei einfachen Frauen stand der Gebärenden meist die Nachbarin oder Schwiegermutter beiseite, bei wohlhabenderen war es durchaus üblich weibliche Verwandte und Hebammen zu haben, die sich um die Wöchnerin kümmern.

Der werdende Vater hatte in beiden Fällen nur eins zu tun: Hoffen und Beten. Es war seine Aufgabe um die Sicherheit und das Leben von Mutter und Kind zu beten, die Geburt selbst war Frauensache.