Bankwesen: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Prozedur funktionierte folgendermaßen: Der Leiher machte bei dem Schuldner für einen bestimmten Zeitrahmen ein Investment und kaufte bei ihm eine Versicherung für dieses Investment. Dann verkaufte der Leiher dem Schuldner das Recht auf jeglichen Profit über einem spezifizierten Betrag.
 
Die Prozedur funktionierte folgendermaßen: Der Leiher machte bei dem Schuldner für einen bestimmten Zeitrahmen ein Investment und kaufte bei ihm eine Versicherung für dieses Investment. Dann verkaufte der Leiher dem Schuldner das Recht auf jeglichen Profit über einem spezifizierten Betrag.
  
Ein Beispiel wäre Folgendes: A gibt B 80 Besant für ein Jahr als Investment. A verkaufte dann B das Recht auf jeglichen Profit im Betrag von 30 Besant zum Preis von 15 Besant. Dann kaufte A eine Versicherung gegen den Verlust des Geldes von B. Das Resultat davon war, dass A an B 100 Besant “lieh”, und nach einem Jahr B an A 110 Besant zurückzahlen musste.
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Ein Beispiel wäre Folgendes: A gibt B 80 Besant für ein Jahr als Investment. A verkaufte dann B das Recht auf jeglichen Profit im Betrag von 30 Besant zum Preis von 15 Besant. Dann kaufte A zum Preis von 5 Besant eine Versicherung gegen den Verlust des Geldes von B. Das Resultat davon war, dass A an B 100 Besant “lieh” (80+15+5), und nach einem Jahr B an A 110 Besant zurückzahlen musste (80+30).
  
 
Zusätzlich beschützte ein Contractum Trinius beide Parteien: der Leiher (also A) war durch die Versicherung vor Nicht-Zahlung beschützt, und der Schuldner (B) hatte durch den Gewinnverkauf eine Garantie, dass er ein ganzes Jahr hatte, um das Geld zurückzuzahlen.
 
Zusätzlich beschützte ein Contractum Trinius beide Parteien: der Leiher (also A) war durch die Versicherung vor Nicht-Zahlung beschützt, und der Schuldner (B) hatte durch den Gewinnverkauf eine Garantie, dass er ein ganzes Jahr hatte, um das Geld zurückzuzahlen.
  
 
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Aktuelle Version vom 9. Juni 2019, 20:32 Uhr

Das Bankwesen des Hochmittelalters stellte den ersten Beginn der modernen Finanzindustrie dar. Zwar steckten viele Aspekte des Finanzwesens noch in den Kinderschuhen, allerdings hatte sich aus verschiedenen Eigenschaften des alten römischen Rechts, arabischen und jüdischen Gebräuchen, und der Kreativität innovativer Leute (vor allem Italiener) bereits im 12. Jahrhunderts viel entwickelt, was wir heute aus modernen Bankinstitutionen kennen.

Im Laufe des gesamten Mittelalters war der Beruf des Bankiers mit dem des Kaufmanns verbunden - es gab kaum Kaufleute, welche nicht auch Geldgeschäfte betrieben; aufrgrund der WIchtigkeit von verlässlichen Geldflüssen für Kaufleute war dies fast unvermeidbar.

Dieser Artikel gibt einen Einblick in die wichtigsten Aspekte des mittelalterlichen Finanzwesens - Geldwechsel, Pfandwesen, Geldanlage, und Contractum Trinius.

Hintergrund

Die mittelalterliche Kirche verbot das Zinswesen pauschal aufgrund eines biblischen Verbotes, Zinsen auf geliehenes Geld zu verleihen. Dies bedeutete ursprünglich, dass nur Nicht-Christen - insbesondere Juden - Christen gegen Zins Geld leihen konnten. Dies begründete den Reichtum von vielen jüdischen Familien und führte zu mächtigen internationalen jüdischen Bündnissen, wie die Radaniten, welche im Frühmittelalter viele Handelsrouten von Asien nach Europa dominierten, aber infolge eines Wirtschaftsabschwungs um 1000 verschwanden.

Im Anschluss begannen auch christliche Kaufleute und Bankiere, die Marktlücken, welche die Radaniten hinterlassen haben, auszufüllen. Aufgrund des Zinsverbotes entwickelten sich, ausgehend von den Geldwechslern, zahlreiche Hintertürchen, welche das kirchliche Zinsverbot ad absurdum führten.

Geldwechsel

Geldwechsler lebten davon, verschiedene Währungen gemäß gängiger Wechselkurse umzutauschen und dabei eine Kommission zu verlangen. Ursprünglich waren das sehr simple Transaktionen - ein Kunde wollte beispielsweise 10 byzantinische Drachmen in fränkische Deniers umtauschen, und der Geldwechsler gab ihm bei einem Kurs von 3 Denier zu jeder Drachme 27 Denier (30 Denier minus 10% Kommission, die der Geldwechsler einbehielt).

Allerdings kamen einige Geldwechsler drauf, dass man dies zur Umgehung vom Zinsverbot benutzen konnte. Beispielsweise konnte man dem Kunden im Voraus 27 Denier geben, sodass der Kunde dem Geldwechsler 10 Drachmen schuldete. Jene erhielt der Geldwechsler nach einem Monat.

Dieses System hatte den Nachteil, dass man viele Fremdwährungen handhaben musste, und Währungsschwankungen stellten ein Risiko für Geldwechsler, welche von ihren Kunden auf Fremdwährungen warteten, dar. Dennoch blieb der Geldwechsel gerade im Königreich Jerusalem das beliebsteste System, das Zinsverbot zu umgehen - einfach, weil durch Pilger und die Nachbarn des Königreichs sehr viele Fremdwährungen ins Land kamen, mit denen Geldwechsler arbeiten konnten.

Pfandwesen

Pfände funktionierten auch ganz einfach - ein Kunde verkaufte einen Gegenstand untr Wert an einen Pfandleiher, welcher den Gegenstand eine gewisse Zeit lang einbehielt. Entweder konnte der Kudne das Pfand für einen erhöhten Preis wieder erhalten, ansonsten konnte der Pfandleiher den Gegenstand gewinnbringend weiterverkaufen.

Oft wurde das Pfandleihen allerdings als wenig preistigereich angesehen, und so manche Bankiere, denen elegantere Instrumente zur Verfügung standen, nahmen davon Abstand.

Geldanlage

Dies war der rudimentäre Vorgänger des modernen Sparbuchs. Ein Kunde kam hier zu einem Bankier und gab ihm Geld zur Verwahrung - mit dem Verständnis, dass der Bankier dieses Geld für Investierungen benutzen konnte, solange der Kunde dieses Geld jederzeit wieder abheben konnte.

Im Gegenzug versprach der Bankier dem Kunden dafür regelmäßige “Geschenke”. Dies waren nichts anderes als Zinszahlungen an den Kunden. Geschenke zu geben war nicht widerkirchlich, allerdings war dieses Versprechen auch nicht einklagbar. Freilich hatte der Kunde die Option, das Geld einem Bankier, der schlechte Geschenke gab, abzuheben und bei einem anderen Bankier anzulegen.

Das angelegte Geld wurde dabei vom Bankier in einem Tresor aufbewahrt. Dies war oft eine mit mehreren Schlössern abgesicherte Kiste, welche in einem abgedeckten Loch unterirdisch verwahrt wurde.

Contractum Trinius

Dies war das komplexeste, ausgeklügeltste und vielleicht eleganteste Zinsinstrument, welches mittelalterlichen Bankieren zur Verfügung stand. Es tauchte zuerst in Spanien auf und verbreitete sich von dort aus über die gesamte christliche Welt.

Ein Contractum Trinius (d.h. dreimaliger Vertrag) bestand aus drei separaten Verträgen: ein Investierungsvertrag, ein Gewinnverkauf und eine Versicherung. Alle drei Verträge waren für sich alleine unter Kirchenrecht erlaubt, aber zusammen hatten sie einen ähnlichen Effekt wie ein Zinsvertrag.

Die Prozedur funktionierte folgendermaßen: Der Leiher machte bei dem Schuldner für einen bestimmten Zeitrahmen ein Investment und kaufte bei ihm eine Versicherung für dieses Investment. Dann verkaufte der Leiher dem Schuldner das Recht auf jeglichen Profit über einem spezifizierten Betrag.

Ein Beispiel wäre Folgendes: A gibt B 80 Besant für ein Jahr als Investment. A verkaufte dann B das Recht auf jeglichen Profit im Betrag von 30 Besant zum Preis von 15 Besant. Dann kaufte A zum Preis von 5 Besant eine Versicherung gegen den Verlust des Geldes von B. Das Resultat davon war, dass A an B 100 Besant “lieh” (80+15+5), und nach einem Jahr B an A 110 Besant zurückzahlen musste (80+30).

Zusätzlich beschützte ein Contractum Trinius beide Parteien: der Leiher (also A) war durch die Versicherung vor Nicht-Zahlung beschützt, und der Schuldner (B) hatte durch den Gewinnverkauf eine Garantie, dass er ein ganzes Jahr hatte, um das Geld zurückzuzahlen.