Pferd
Pferde waren im Mittelalter sehr wichtig für Transport, Krieg und Sport.
Die Haltung von Pferden
Speziell in der Stadt Jerusalem wurden Pferde in der Regel in Ställen gehalten, welche aus Lehmziegeln gebaut waren (dem billigsten und verbreitetsten Baumittel). Ställe stellen recht große Gebäude dar, deren Dächer mit Palmstämmen bedeckt sind, zwischen die ebenfalls Lehm gestopft worden ist. Dies ist die gängige Bauweise von solchen Gebäuden, Ställe bilden daher also keine Ausnahme zu anderen einfachen Gebäuden Jerusalems. Holz ist als Baumaterial kaum verbreitet, da es sehr, sehr teuer ist. Da Ställe zumeist wohlhabenden Herren gehören, kann man davon ausgehen, dass sie ordentlich und sauber gebaut sind.
In diesen Ställen stehen die Pferde in einer Art Ständerhaltung. Die Pferde stehen mit dem Kopf zur Wand nebeneinander und sind von schmalen, etwa hüft- bis schulterhohen Wänden voneinander getrennt. Diese Trennwände können aus Lehmziegeln gemauert sein, oder sie bestehen aus irgendwelchem Geflecht aus Palmwedeln oder sonst etwas. Vielleicht bestehen sie auch aus Holzbrettern. Diese Nischen, in welchen die Pferde "geparkt" werden, sind gerade breit und lang genug, so dass die Pferde dort stehen und sich vielleicht auch hinlegen können. Türen gibt es nicht, die Öffnung der Stellplätze ist höchstens durch ein Seil versperrt. Da die Pferde aber an der Wand angebunden sind, ist dies nicht unbedingt nötig. Die Pferde können sich hier nicht herum drehen, oder gar umher laufen.
Auf den Boden dieser Stallnischen ist vermutlich Sand gestreut, da dieser im Jerusalemer Umland leicht zu bekommen ist und der Stall somit auch leicht gesäubert werden kann. Man darf sich ohnehin keinen festen Boden vorstellen, auf dem Sand liegt: Der gesamte Boden des Stalls besteht aus mehr oder weniger fest getretenem Sand oder Lehm. Damit mit dem Entfernen der Hinterlassenschaften der Pferde nicht zu viel Boden abhanden kommt, wird regelmäßig frischer Sand nachgefüllt.
Vermutlich werden Pferde auf Zuchthöfen und Gestüten anders gehalten. Da die Pferde hier nicht unbedingt zur täglichen Nutzung verwendet werden ist es denkbar, dass sie ihre Bewegung auf einer Koppel oder einer (aufgrund der Landschafsbedingungen) sehr mageren Weide bekommen.
Das Versorgen von Pferden
Pferde sind wertvolle Tiere und gerade in der Levante sind sie im Unterhalt teuer. Selbst in Europa können sich nur reiche Menschen ein Pferd leisten. Das Futter für ein Pferd kostet im Jahr etwa so viel, wie ein durchschnittlicher Handwerker pro Jahr verdient. Vor allem die Fütterung europäischer Schlachtrösser ist sehr teuer, da sie Hafer benötigen, welcher in der Levante nur sehr schlecht wächst und importiert werden muss. Pferde werden allerdings auch mit anderem Getreide und mit Heu oder frischem Gras gefüttert. Heu und Gras sind in der Levante ebenfalls sehr schwer zu bekommen, da es keine solch satten Wiesen gibt, wie in Europa. Darüber hinaus bekommen sie Bohnen, Kleie und "Pferdebrot" dieses wurde aus Bohnen und Erbsen gebacken. In der Levante werden Pferde auch mit krautigem Grünzeug gefüttert ('Berseem' = Ägyptischer Klee), welches die Hauptnahrungsquelle darstellt. Alles was darüber hinaus gefüttert wird, hängt von der Arbeitsbelastung des Pferdes ab und wird dementsprechend variiert.
Pferde werden mit metallenen und mit normalen Bürsten gebürstet, ähnlich wie heutzutage (wobei die Rolle der metallenen Bürste heute von solchen aus Kunststoff abgelöst wird). Darüber hinaus reibt man sie feucht ab oder badet sie und trocknet sie danach mit sauberen Tüchern ab. Gegen Parasiten hilft es auch, sie mit Sand einzureiben.
Die Nutzung von Pferden
Pferde sind Nutztiere und werden für gewöhnlich jeden Tag eingesetzt. Weniger wertvolle Pferde dienen Waffenknechten als Reittiere, oder werden als Packpferde genutzt. In der Landwirtschaft oder im Handel werden Pferde fast gar nicht eingesetzt, da der Wasserbüffel für die Landwirtschaft und das Kamel für den Transport von Waren besser geeignet sind. Zudem sind beide Tiere leichter zu füttern. Pferde stellen im arabischen Raum eine noch größere Kostbarkeit als in Europa dar und werden nur selten für einfache Arbeiten benutzt.
Die wertvollen Schlachtrösser und edlere Zelter werden von ihren Herren für Ausritte verwendet. Wenn ein Pferd mehrere Tage nicht genügend Bewegung durch seine normalen Aufgaben erhält, kann es sein, dass es von Stallknechten bewegt wird. Vor allem die wertvolleren Tiere werden dabei auch von erfahrenen Knechten trainiert. Die einfachen Pferde der Waffenknechte werden in der Regel täglich benutzt und können sich glücklich schätzen, wenn sie auch Ruhetage haben.
Pferdearten
Im Mittelalter gab es keine Pferderassen, auch wenn manchmal Pferde nach ihrer Herkunft beschreiben wurden (man sprach zB von spanischen Pferden). Man unterteilte Pferde auf praktischer Ebene aber vor allem in ihre Funktionsfähigkeit. Es gab folgende Unterteilungen:
Destrier
Dies ist das wohl bekannteste und auch prestigeträchtigste Pferd des Mittelalters. Die besten, größten und stärksten Schlachtrösser, sind Destrier. Es handelt sich dabei fast immer um Hengste. Und wie bereits erwähnt sind Destrier keine Rasse, sondern ein Typus. Wenn ein Fohlen gute Veranlagungen hat, wird es zum Schlachtross ausgebildet. Wenn es dann ausgewachsen besonders gut ist, wird man es als Destrier bezeichnen. Natürlich wird man aber, wenn man ein gutes Schlachtross haben will, auch auf die Eltern schauen und nicht einen Zelter auf ein Maultier springen lassen. Zwei Destrier als Eltern waren nur eben keine Garantie dafür, dass das Fohlen auch ein Destrier wurde. Ein Destrier ist unglaublich teuer und wirklich etwas ganz besonderes.
Aussehen und Größe
Mittelalterliche Pferde hatten kein Stockmaß über 14 - 16 Handbreit. Also ungefähr 140 - 160 cm. Der Destrier zeichnet sich anderen Pferden gegenüber nicht unbedingt durch seine Größe aus, sondern durch Muskulatur, Stärke und Dressur. Darüber hinaus wird ein Destrier so beschrieben: "Kraftvolle Hinterbacken, einen kurzen Rücken, muskulöse Lenden, starke Knochen und einen wohlgeformten Nacken. In der mittelalterlichen Kunst wird der Destrier mit einem geraden oder leichten Profil, einem breiten Unterkiefer und einer guten Weite zwischen den Augen dargestellt." (Quelle: Wikipedia)
Renner
Auf Französisch auch Coursier, auf englisch Courser genannt. Diese Pferde sind die am weitesten verbreitetsten Schlachtrösser. Nicht nur sind sie leichter zu züchten als ein Destrier, sie eignen sich auch eigentlich für den alltäglichen, harten Krieg viel besser. Sie sind nicht ganz so massig und kräftig, wie der Destrier. Dafür sind sie leicht, schnell, wendig und stark genug um einen Ritter in den Kampf zu tragen. Für frontale Sturmangriffe und für den Tjost mag der Destrier das Beste Pferd sein, aber für harten Kampf in dichtem Getümmel ist der Renner die bessere Wahl. Vor allem seine Wendigkeit und seine Schnelligkeit (im Vergleich zum Destrier) sind hier entscheidende Vorteile. Der Renner ist nicht ganz so teuer wie der Destrier, aber trotzdem ist auch der Renner ein teures, hoch trainiertes Schlachtross, das unglaublich wertvoll ist.
Aussehen und Größe
Ähnlich wie der Destrier, aber oft etwas schlanker und eleganter. Weniger kräftig und bullig. Trotzdem ist auch der Renner ein sehr schweres Pferd. Beide Pferdearten kann man vom Aussehen her mit modernen Kaltblütern vergleichen, wobei das mittelalterliche Kriegspferd oft auch einen südlichen/eleganten Einschlag hatte und deutlich kleiner war, als ein modernes Kaltblut. Der Percheron oder das Shire Horse sind gute Beispiele, wie man sich mittelalterliche Schlachtrösser vorstellen darf.
Runtzid
Der Runtzid (franz. Roncin) ist die günstige Variante des Schlachtrosses. Sein Vorteil ist manchmal seine höhere Schnelligkeit. Ansonsten ist er den anderen Schlachtrössern aber eigentlich meistens in allen belangen hoffnungslos unterlegen. Der Runtzid ist das Pferd für arme Ritter, Knappen und Waffenknechte. Ein betuchter Herr stellt seinem Gefolge Runtziden zur Verfügung und manchmal greift auch ein reicherer Herr auf einen Runtzid zurück, wenn es darum geht das feindliche Land zu verheeren und es mehr darauf an kommt schnell zu sein, als ein starkes Pferd unter sich zu haben. Runtziden wurden auch als Pack- und Lastpferde genutzt. Man darf dennoch nicht denken, dass Hinz und Kunz sich nun einen Runtzid leisten konnte. Pferde, egal welcher Art, waren immer eine sehr, sehr teure Angelegenheit und nichts für das einfache Volk.
Aussehen und Größe
Kleiner und schwächer als Destrier und Courser. Runtziden sind auch öfter einmal Stuten. Im Heiligen Land kann es auch sein, dass ein Ritter ein einheimisches, kleines Pferd nimmt, da dies immerhin besser ist als gar keines. Ein solches "Schlachtross" würde man aber wenn überhaupt als Runtzid bezeichnen.
Zelter
Hier kommen wir nun zu den Reitpferden und verlassen die Welt der Schlachtrösser. Ein Schlachtross wurde eigentlich nicht für längere Ritte genutzt. Ein Ritter ließ seinen Destrier oder seinen Renner vom Knappen am Zügel führen und ritt selbst einen Zelter. Und auch der Rest des Adels ritt auf Reisen meistens Zelter. Der Vorteil dieser Tiere ist, dass sie die sehr angenehmen Gangarten Pass und Tölt beherrschen. Beide rütteln den Reiter nicht so durch, wie der Trab und sind daher für lange Reisen angenehm. Auch das Tragen einer Sänfte ist bei Pferden, die diese Gangart beherrschen, möglich. Elegante und schöne Zelter können ebenfalls sehr teuer sein.
Aussehen und Größe
Zelter sind kleiner und eleganter als die Schlachtrösser. Im Heiligen Land werden die einheimischen Pferde sehr oft als Zelter eingesetzt worden sein, da sie für die Schlacht ungeeignet sind, sich aber sehr gut als Gangpferde eignen.
Pack- und Lastpferd
Neben Schlachtrössern und Reitpferden, braucht man auch Transporttiere. Ein Ritter hat Beispielsweise immer ein Packpferd bei sich, da er auf dem Zelter reitet, während der Destrier unbepackt vom Knappen geführt wird. Diese Pferde eignen sich meistens weder für den Krieg noch wurden ihnen angenehme Gangarten, wie der Pass oder der Tölt beigebracht. Diese Pferdeart ist wohl am günstigsten zu erwerben. Trotzdem: Pferd bleibt Pferd und Pferde sind teuer.
Aussehen und Größe
Sie sind oft kleiner und schwächer als Schlachtrösser und weniger elegant als Zelter. Auch hier wird man im Heiligen Land oft einheimische Pferde nutzen.