Gerichtskampf

Aus Scriptorium

Der Gerichtskampf war eine beliebte Unterart des Gottesurteils, insbesondere im Königreich Jerusalem. Es handelte sich dabei um einen gerichtlichen Zweikampf zwischen zwei waffenfähigen Leuten.

Kampfklage

Ein Gerichtskampf wurde meistens ausgelöst durch eine Kampfklage. Hierbei ging der Kläger zu Gericht und forderte einen Gerichtskampf.

Dies war allerdings nur möglich bei einem heimlich (also zeugenlos) begangenen Verbrechen, zum Beispiel einem Diebstahl, einem Meuchelmord oder einem Hinterhalt.

Folgende weitere Voraussetzungen waren notwendig:

  • Der Kläger musste mit einem Eid beschwören, dass das Verbrechen nicht anders bewiesen werden kann als durch einen Gotteskampf.
  • Der Kläger musste zwei Bürgen mitbringen, welche dem Angeklagten im Fall, dass der Kläger verlor, eine Buße wegen Verleumdung (meistens 12 Besant) zahlen mussten.
  • Der Kläger durfte nicht vom höheren Stand sein als der Angeklagte (außerdem war es verpönt, jemanden anzuklagen, der einen niedrigeren Stand hatte als der Kläger).
  • Das Gericht befragte den Kläger, wie er sich sicher sein konnte, dass der Angeklagte schuldig war. Wenn das Gericht die Antwort für unzureichend befand (zum Beispiel, wenn es nur ein Bauchgefühl war), wurde der Fall meistens abgewiesen.

DIe Gerichtsvorladung geschah wie beim fränkischen Verfahren.

Andere Umstände

Ein Gerichtskampf konnte sich auch aus einem normalen Verfahren heraus entwickeln, zum Beispiel wenn der Kläger nicht genug Beweise vorbringen kann oder der Angeklagte nachs einer Überführung erfolgreich um einen Gerichtskampf bittet.

Vorbereitung

Nach Jerusalemer Recht hatten die beiden Streitparteien 40 Tage Zeit, sich auf den Gerichtskampf vorzubereiten. Adlige durften mit ihrer normalen Ausrüstung kämpfen; Nicht-Adligen gab man Keule und Schild. Wenn Kläger oder Angeklagter einen Vormund besaßen (zum Beispiel, weil sie Frauen waren), musste der Vormund für sie kämpfen.

Manchmal erlaubte das Gericht den Streitparteien, Kämpfer zu nominieren, die anstelle der Streitparteien kämpfen würden.

Die 40 Tage Vorbereitung gab den Streitparteien auch Zeit, einen Vergleich zu verhandeln. Wenn die Streitparteien ihren Konflikt bereinigten, wurde der Gerichtskampf abgesagt.

Kampf

Der Kampf wurde in einem genau abgesteckten Kampfplatz ausgefochten. Wer bis Mittag des anberaumten Termins nicht ohne guten Grund erschien, galt als der Verlierer. Damit der Kläger als Sieger vom Platz gehen konnte, stand ihm die symbolische Kampfesgeste eines dreimaligen Schlags und eines Stichs in den Wind zu. An diese Rechtsgebärde erinnert unsere Redewendung "Etwas in den Wind schlagen".

Vor dem Beginn des Kampfes mussten die Teilnehmer beten, und abermals beschwören, dass sie sich im Recht befanden.

Jedem der Zweikämpfer wurde vom Kampfrichter ein Sekundant beigeordnet; dieser trug eine lange Stange, mit dem er das Signal zur Unterbrechung des Kampfes geben konnte, falls die Parteien dies wünschen - ein Vergleich konnte bis zum Ende des Kampfes ausgehandelt werden.

Gekämpft wurde bis zur Unterwerfung eines der Kontrahenten, nicht unbedingt bis zu dessen Tod. Als besiegt galt auch, wer über die Schranken des Kampfplatzes auswich, wer wegen Waffenverlustes nicht mehr kämpfen konnte oder wer sich für besiegt erklärte. Ein unterlegener Kläger (oder, falls er gestorben war, seine Bürgen) hatte dem Sieger eine Buße in der Höhe von 12 Besant wegen Beleidigung zu zahlen. Leibes- und Lebensstrafen wurden auch am Leichnam vollzogen.

Gerichtskampf als Vergnügen

Gottesurteile durch Zweikämpfe zogen immer eine große Menge an Schaulustigen an. Die reine Dramatik eines Kampfes auf Leben oder Tod - oder bis einer der Kontrahenten aufgab - blieb dem Mensch des Mittelalters nicht verborgen. Gerichtskämpfe nahmen den Stellenwert ein, den früher Gladiatorenkämpfe im alten Rom eingenommen hatten, und daher war es bei Gerichtskämpfen gang und gäbe, dass es ein enormes Publikum gab, welches das vom Richter als Kampfzone abgesteckte Gebiet umgab. Oft ließen Leute alles liegen und stehen, um sich einen Zweikampf anschauen zu können, und oft schlossen die Zuseher unter sich Wetten auf einen der Kämpfer ab.