Tischmanieren

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Etikette war den Menschen des Mittelalters wichtig, weil mit tadellosem Benimm das Ansehen eines Menschen in seiner Gemeinde wuchs. Etikette manifestierte sich zu einem besonderen Maß in Tischmanieren.

Tischmanieren, deren Befolgung wichtig war

- Ein Gast hat sein eigenes Besteck mitzunehmen, also Messer, Löffel und Serviette.

- Man soll nicht sofort Platz nehmen, sondern warten, bis man zu Tisch gebeten wird. Beim Stehen muss man die Beine und die Hände ruhig halten, und man soll sich nicht kratzen oder sich irgendwo anlehnen.

- In einem fremden Haushalt darf nichts, was nicht dem Besucher gehört, vom Besucher angefasst werden ohne Erlaubnis des Besitzers.

- Wenn der erste Gang beginnt, muss der Mundschenk begrüßt werden, dem Gastgeber und anderen Eingeladenen gebührt eine Verneigung, und man hat anschließend zu warten, bis ein Diener den Besucher zum Tisch führt.

- Gäste sind neben die Gastgeberfamilie zu setzen. Es schickt sich, Männer und Frauen getrennt hinzusetzen, aber die Hausherrin kann zusammen mit männlichen Gästen sitzen. Kinder sollen bei einem Festmahl nicht teilnehmen.

- Wenn man eingeladen ist, muss man allen gegenüber freundlich und höflich sein. An der Tafel soll man seinen Kummer vergessen, und bescheiden, heiter und vergnügt sein. Alles andere signalisiert dem Hausherren, dass man die Einladung nicht schätzt.

- Das Tranchierbrett oder der Teller muss vorm Besucher positioniert werden, und dieser darf nicht anfangen zu essen, bevor das gesamte Mahl von der Küche gebracht worden ist, und der Gastgeber das Tischgebet gesagt hat.

- Die Fleischstücke sind schon vorher in mundgerechte Stücke zerteilt worden, und man muss sie nicht weiter zerschneiden.

- Die Fingernägel haben stets sauber zu sein. Die Hände müssen gewaschen werden, bevor man mit dem Essen anfängt.

- Das Brot wird geschnitten. Zuerst wird es halbiert, und eine Hälfte dann in 4, die andere in 3 Teile geschnitten.

- Der Salztegel soll vorm angesehensten Gast positioniert werden.

- Das Brot darf nicht gebissen werden, sondern muss gebrochen werden. Am Tisch haben weder Streitereien noch Drohungen noch Grimassen etwas zu suchen.

- Man soll sich nicht die Backen vollstopfen wie ein Affe, damit man nicht in die Verlegenheit kommt, zuerst warten und schlucken zu müssen, bevor man eine Antwort auf eine allfällige Frage oder Anrede geben kann.

- Man soll nicht mit beiden Seiten des Mundes essen.

- Man soll mit vollem Mund weder sprechen noch lachen. Auch lautes Essen ist zu vermeiden.

- Der dreckige Löffel soll nicht am Tisch oder im Teller gelassen, sondern abgewischt werden.

- Das Tischtuch soll nicht durch dreckige Finger beschmutzt werden.

- Angebissenes Brot soll man nicht in die Mahlzeit legen.

- Der Mund muss getrocknet werden, bevor man trinkt. Auch sollen die Hände abgewischt werden, um den Becher nicht schmutzig zu machen. Dies ist besonders wichtig, wenn der Gastgeber dem Eingeladenen als Zeichen der Gunst seinen Weinbecher gibt. Der Weinbecher muss nach dem Schluck auch sofort zurückgegeben werden.

- Man soll darauf achten, dass der kleine Finger nicht den Becher beim Trinken den Becher berührt, denn der kleine Finger ist unrein, schließlich bohrt man damit in der Nase und im Hinterteil, um diese zu säubern.

- Man darf nicht nach einer Mahlzeit verlangen, die schon abgeräumt worden ist, oder auf den Tisch spucken.

- Es ist akzeptabel, seinen Hund zur Tafel zu bringen, aber jenen soll man nicht kratzen oder streicheln während dem Essen. Auch soll man ihm keine Überbleibsel vom Essen geben oder ihn auf den Tisch setzen.

- Wer die Nase putzen muss, soll sich die Hand am Rock, am Ärmel oder am Kragen abwischen. Man soll nicht in die Serviette schnäuzen, dies ist unfein.

- Man soll nicht in den Zähnen stochern, oder mit Essen im Mund trinken.

- Geschichten, die andere Eingeladene verletzen oder beschämen könnten, sind zu unterlassen.

- Trunksprüche gehören zu jedem Essen dazu. Man kann gefahrlos Trünke auf den Gastgeber, den Lehensherren, den Kaiser, und die Heiligen machen.

- Das Tischtuch ist nicht dazu da, damit man sich dort das Messer abwischt.

- Man soll nicht aus das Essen pusten, das Messer in den Mund stecken, oder sich die Zähne oder Augen mit dem Tischtuch abwischen. - Abfälle sollen nicht unter den Tisch geworfen werden.

- Man soll sich nicht an den Fingern lecken.

- Man soll mit seinen Beinen nicht die anderer Tischgenossen berühren.

- Niemanden soll man seinen Becher reichen, wenn dieser jenem Teilnehmer an der Mahlzeit den Rücken zukehrt.

- Man darf sich nicht mit den Ellenbogen am Tisch aufstützen, einen Daumen in ein Getränk tauchen, oder Essen in den Salztegel tauchen.

- Den Teilnehmern an einem Mahl müssen Wasserbehälter gereicht werden, in die man seine Hände waschen kann. Es ist zu unterlassen, dort hineinzuspucken.

- Geistliche an der Tafel sind mit ausgelesenem Respekt zu behandeln.

- Das Fleisch soll mit Bedacht und sorgsam geschnitten werden.

- Wer spucken muss, soll sich vom Tisch abwenden und die Hand vor den Mund halten.

- Nach dem Essen soll abermals ein Tischgebet gesagt werden, und die Gäste haben dem Gastgeber zu danken.


Wenn der Gastgeber auch der Herr ist

Es gelten noch zusätzliche Regeln, wenn der Hausherr der Dienstherr oder Lehensherr des Eingeladenen ist:

- Der Eingeladenen soll den Herrn nicht ansprechen, sondern warten, bis er angesprochen wird.

- Wenn der Herr trinkt, hat Ruhe am Tisch unter dessen Dienst- oder Lehensmännern zu sein.

Konsequenzen von Verstößen

Ein eklatanter Verstoß gegen diese Regeln konnte in einem Verweis von der Tafel durch den Hausherrn enden. Auch konnten Diener, welche beim Servieren von Essen ihr bestes Gewand tragen mussten und dafür sorgten, dass jeder Gast nur das bekam, was ihm schmeckte, bei jeder noch so kleinen Achtlosigkeit ihre Position oder ihre Arbeit verlieren.