Lebensalter

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Im Mittelalter galt die Ansicht, dass sich das Leben eines Menschen in sechs oder sieben Abschnitte einteilen lässt. Diese Einteilung war nicht überall dieselbe und vor allem die Grenzen zwischen den Abschnitten waren sehr schwammig und nicht klar festgelegt. Diese Übersicht soll als Leitfaden dienen und die allgemeinen Vorstellungen der fränkischen Bevölkerung im Königreich Jerusalem wiederspiegeln.

Infantia (frühe Kindheit)

Dieser Lebensabschnitt, reicht von der Geburt, bis zum siebten Lebensjahr. In diesem Alter sind die Kinder auf die Fürsorge der Eltern angewiesen und haben noch keine eigene Verantwortung. Man traut ihnen nicht zu, zu wissen was gut und böse, richtig und falsch ist. Im Adel haben die Kinder bis zum siebten Lebensjahr nur sehr wenige Pflichten und Aufgaben. Von der Mutter und von Zofen und Kindermädchen lernen sie alltägliche Dinge. Im Bürgertum gilt ebenfalls, dass Kinder in diesem Alter noch keine eigene Verantwortung haben sollten. Allerdings müssen sie, je nach gesellschaftlichem Stand der Eltern, auch schon mal mit anpacken und kleinere Arbeiten ausführen.

Pueritia (Kindheit)

Ab dem siebten Lebensjahr werden Kinder der Pueritia zugerechnet. Es wird von ihnen erwartet, dass sie die Sprache beherrschen und dass sie zwischen Gut und Böse unterscheiden können. Allerdings sind die Kinder noch nicht Rechtsfähig oder Strafmündig. Ein geleisteter Eid von einem Kind in diesem Alter, ist ungültig. Bei Mädchen dauert dieser Abschnitt bis zum 12. Lebensjahr, bei Jungen bis zum 14. Diese Grenzen spiegeln sich auch in den Aufgaben wieder, die die Kinder ausüben müssen. Adlige Jungen werden ab dem siebten Lebensjahr an fremde Höfe geschickt um dort als Pagen einem Ritter zu dienen. Ab dem 14. Lebensjahr werden sie dann zu Knappen, sofern sie nicht eine geistliche Ausbildung beginnen. Adlige Mädchen lernen während der Pueritia höfisches Benehmen, Sticken, Singen und andere Dinge, die für das Leben einer Adligen Dame unerlässlich sind. Nach dem Ende der Pueritia ist es möglich das Mädchen bereits zu verheiraten. Im Bürgertum müssen die Kinder in diesem Alter im elterlichen Betrieb mithelfen, manche Jungen gehen auch in diesem Alter schon als Lehrjungen oder Hilfskräfte in einen anderen Haushalt. Nach dem Ende der Pueritia, gilt man im Bürgertum als erwachsen. Laut dem Sachsenspiegel gilt derjenige als Rechtsfähig, dem Haare am Kinn, im Schambereich und unter den Achseln wuchsen.

Adolescentia (Jugend)

Die Adolescentia ist eine Übergangszeit, deren Ende nicht klar geregelt ist. Man ist Straffähig, aber zumindest im Adel noch nicht Rechtsfähig. Man steht unter der Gewalt des Vormunds (in der Regel der Vater) und ist von diesem Abhängig. Adlige Jungen dienen in dieser Zeit entweder einem Ritter als Knappe, oder sie erhalten eine geistliche Ausbildung. Adlige Mädchen sind in diesem Alter oft als Zofen bei höher gestellten Damen. Dort warten sie der Herrin auf, oder üben sich in angemessenen Beschäftigungen, wie dem Nähen oder dem Sticken. Das Ende der Adolescentia kann nicht klar definiert werden. Sie endet sowohl für Jungen, als auch für Mädchen, mit der Heirat. Bei Mädchen kann diese schon direkt nach dem Ende der Pueritia erfolgen, spätestens sind die meisten Mädchen aber mit 16 oder 17 Jahren verheiratet. Mit der Heirat gehen sie von der Munt (Vormundschaft) des Vaters in jene des Ehemannes über. Bei adligen Jungen endet die Adolescentia mit der Wehrhaftmachung, oder mit der Gründung eines eigenen Haushalts. Ersteres war die Zeremonie, mit der aus einem Knappen ein Ritter oder ein Edelknecht wurde. Verbunden damit kann auch die Vergabe eines Lehens sein. Die Gründung eines eigenen Haushalts folgte auf eine Heirat und sorgte ebenfalls dafür, dass der Junge mündig und sein eigener Herr wurde. Allerdings war eine Heirat oftmals erst möglich, nachdem ein adliger Junge bereits durch die Wehrhaftmachung mündig geworden war und durch ein Lehen oder ein Amt einen eigenen Hausstand versorgen konnte. Für Jungen endete die Adolescentia mit Wehrhaftmachung und Heirat meist um das 21. Lebensjahr. Vor allem im Hochadel kann dies aber auch mal früher der Fall sein. Ledige Adolescentes, die zwar mit der Ausbildung fertig waren, die aber weder verheiratet waren, noch ein Lehen hatten, wurden weiterhin der Jugend zugerechnet. So war es durchaus möglich bis zum 30. oder 40. Lebensjahr als Jugendlicher und nicht als vollmündiger Mann zu gelten. Damit verbunden blieb man auch weiterhin unter der Vormundschaft des Familienoberhauptes! Im Bürgertum galt im Grunde das gleiche. Mädchen wurden mit der Heirat zur Frau und gingen in die Gewalt ihres Mannes über. Jungen wurden mit der Gründung eines eigenen Haushalts zum mündigen Mann und eigenständigen Familienoberhaupt. Auch hier gilt aber, dass ein eigener Haushalt erst gegründet werden kann, wenn der Jüngling in der Lage ist diesen auch zu finanzieren. Grundsätzlich gelten Mädchen früher als erwachsen und heiratsfähig, als Jungen. Dementsprechend ist die Frau auch meistens um einige Jahre jünger, als ihr Ehemann.

Adultus (Erwachsen)

Als Adultus gilt man grob zwischen dem Ende der Adolescentia (um die 20) und dem 40. Lebensjahr. Gekennzeichnet ist dieser Abschnitt dadurch, dass man sein eigener Herr ist. Man hat eine Familie, für die man verantwortlich ist und ist selbst rechtsfähig, sowie von niemandem (außer dem Lehnsherren) abhängig. Desweiteren gibt es zu diesem Abschnitt nicht viel zu sagen.

Maturus (Reifer Erwachsener)

Ab dem 35. Lebensjahr galt man als Maturus, also als älterer Mensch. Man war sich im Mittelalter der Tatsache bewusst, dass mit dem Alter der Verfall und zahlreiche gebrechen kamen und das Alter wurde als Elend angesehen. Die Lebenserwartung war nicht besonders hoch. Nur wenige Menschen erreichten das Greisenalter und viele starben auch schon, bevor sie das Alter eines reifen Erwachsenen erreichten. Allerdings galten ältere Männer und auch Frauen in der Gesellschaft mehr, als die jungen. Ihnen wurde Weisheit und Erfahrung zugetraut und sie wurden als moralische Instanzen geschätzt. Respekt gegenüber dem Alter war wichtig in der mittelalterlichen Gesellschaft.

Senium (Greisenalter)

Ab dem 60. Lebensjahr galt man als Greis. Nur sehr wenige Menschen erreichten dieses Alter überhaupt. Es gab zwei verschiedene Arten des Umgangs mit diesen Menschen. Auf der einen Seite wurden sie sehr geachtet und für ihre Weisheit, ihre Bedächtigkeit und ihre große Erfahrung geschätzt. Sie galten als Vorbild und Ratgeber für die Jugend, waren barmherzig und nächstenlieb. Oft hatten alte Menschen hohe Ämter und Positionen inne, vor allem in der Kirche. Im Gegensatz dazu stand das Bild des "alten Narren" der griesgrämig, streitlustig, vergesslich und melancholisch war und dessen Rechtsfähigkeit gegebenenfalls erst einmal festgestellt werden musste. Die Alten und Greise standen der Jugend im Weg, welche versuchte, sie aus Besitz und Herrschaft zu drängen. Oft wurden alte Menschen, die daheim im Weg standen, von der Heilsnotwendigkeit einer Pilgerfahrt überzeugt, da man doch davon ausgehen durfte, dass sie die Strapazen der Reise nicht überstehen würden. Dem Sachsenspiegel zufolge (welcher hier nicht die gängige Rechtsform ist) hatte ein Mann zugunsten seiner Erben die Verfügungsgewalt über seine Güter verloren, sobald er gerüstet, mit Schwert und Schild, nicht mehr selbstständig ein Pferd besteigen kann. Alten Menschen werden oft Vergünstigungen zu Teil. Sie sind vom Heeresdienst befreit und müssen sich dem Landesaufgebot nicht mehr anschließen. Leibeigene sind vom Arbeitsdienst, Bürgerliche von der Steuerzahlung befreit. Mönche und Kleriker sind von der Selbstkasteiung und vom Fasten befreit. Ebenso wie Kranke, Behinderte und Arme waren sie besonders christlicher Fürsorge und Nächstenliebe anempfohlen.