Höfische Kultur

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Im französischsprachigen Raum bildete sich schon früh im Mittelalter in der Schicht der Herren, ihrer Damen und der ihnen dienenden Ritter, Knappen, Pagen, Frauen und Mägden ein elitäres Lebensgefühl, welches signifikant vom kirchlich-asketischen Lebensstil abwich, heraus. Vom Wohn- und Lebensbereich dieser Schicht, dem "Hof" an Adelssitzen oder Ritterburgen, leitet sich die Bezeichnung "höfisch" her – als Gegenwert zum bäurischen, bürgerlichen und auch klerikalen Lebensstil.

Als hoffähig galt einer, der hilfsbereit, sauber, schamhaft, tapfer, milde, treu, bescheiden und zuvorkommend war, sich elegant kleidete und Gott und die Frauen ehrte. Die höfische Kultur war gekennzeichnet durch das System der ritterlichen Tugenden, durch das Ideal der höfischen Minne, durch Verhaltensnormen für alltägliche und festliche Situationen (von Tischmanieren bis Turnierkunst), durch Hinwendung zu Dichtung und Musik, zu Spiel und gehobener Unterhaltung, durch die Suche nach Bewährung in Abenteuern und durch das Verlangen nach Schönheit in Natur und Kunst. Immer wieder gelang es der Kirche, Einfluss zu nehmen, so etwa beim Initiationsritus der Schwertleite oder bei den Anforderungen an einen Streiter Christi (siehe Templer und Johanniter).

Die höfischen Ideale wurden in WIrklichkeit kaum je erreicht, und wegen Hochmuts, Eitelkeit und Verschwendungssucht von einem Teil der Geitlichkeit gegeißelt, während höchste geistliche Würdenträger dem gleichen Lebensstil mit Jagen, Tafeln und Festen anhingen. 

Es ist nachvollziehbar, dass sich die höfische Gesellschaft, die "Gottesritter", keinen anderen, als einen höfischen Gott vorstellen konnte. Sie dachte sich Gott als ihr höchstes Mitglied, als den himmlischen Kaiser, als obersten Kriegs- und Lehnsherrn. Der höfische Gott war an der Ehre seines Streiters nicht weniger interessiert, als an dessen Seelenheil.

Durch zuchtloses Betragen (Schelten, Spotten, Unmäßigkeit usf.) stellte man sich als Ritter außerhalb der höfischen Gesellschaft. Bewusst unhöfisch machte sich manche DIchter mit Schmähliedern auf das affektierte Gehabe, zu welchem höfische Sitte vielfach verkommen war.