Feudalismus

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Feudalismus bezeichnet ein in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenes Schlagwort, welches seinen Ursprung im Kontext der Rezeption der Französischen Revolution hatte. Als feudal bezeichnete man die Verhältnisse vor Ausbruch der Französischen Revolution, gegen die sich Revolutionäre Erfolgreich zur Wehr gesetzt hatten.

Daher steht der Begriff des Feudalismus im Spannungsfeld zwischen politischer Ideologiebildung und wissenschaftlicher Modellbildung. Karl Marx bezeichnete die Feudalgesellschaft als Vorstufe zur kapitalistischen Industriegesellschaft. Im Laufe der Zeit war man bemüht den kontroversen Begriff zu verwissenschaftlichen und ihn vom rein ideologischen Kampfbegriff zu lösen. Gemeinhin bezeichnet Feudalismus die Entstehung, Organisation und Aufrechterhaltung politischer Macht im europäischen Mittelalter und wird daher auch unter dem Begriff der Adelsherrschaft erfasst. Im Zuge einer weltgeschichtlichen Deutung der Historie suchte man Parallelen zur Verfasstheit des mittelalterlichen Europas und fand sie etwa in Japan, weshalb mittlerweile auch außereuropäische Strukturen unter dem Sammelbegriff des Feudalismus zusammen gefasst werden.

Die beiden Grundlegenden Strukturen, welche die Herrschaftsordnung des europäischen Mittelalters ausmachten, waren die Grundherrschaft und das Lehnswesen. Auf diese beiden Stützpfeiler der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung soll im weiteren Verlauf des Artikels näher eingegangen werden.

Grundherrschaft

Die Grundherrschaft bezeichnet die wichtigsten sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen der mittelalterlichen Agrarverfassung. Auf den Punkt bringen lässt sich das Prinzip der Grundherrschaft wie folgt: „Grundherrschaft bezeichnet die Herrschaft eines Adeligen über Land und Leute“.

Neben den privaten Grundeigentumsrechten verfügte der Herr übte die allgemeine Zwangsgewalt über sämtliches Gut aus, das in seiner Grundherrschaft zusammengefasst war. Im mittelalterlichen Rechtsverständnis stand ihm das Obereigentum zu, während die übrigen Bewohnern des Landes lediglich ein Nutzungsrecht vorweisen konnten. Daneben übte der Grundherr öffentlich-rechtliche Gewalt aus und verfügte in seiner Grundherrschaft über Hoheitsrechte, die im modernen Verständnis Aufgabe der staatlichen Administration sind. Der Grundherr übte die Polizeigewalt aus und trat bei Streitigkeiten als Richter auf. Desweiteren hatte er das Recht, Abgaben einzutreiben, die im Mittelalter meist in Naturalien beglichen wurden, und Frondienste zu fordern. Dafür war er zum Schutz der ihm Untergebenen verpflichtet und trat nach außen hin als deren Vertreter und juristischer Beistand auf.

Der Herrenhof, bildete das Zentrum der Grundherrschaft. Um diesen herum gruppieren sich abhängige Höfe, die von Leibeigenen oder freien Hufenbauern bewirtschaftet werden. Letztere sind dem Grundherrn nur zu Abgaben verpflichtet, doch sie unterstehen seiner Gerichtsbarkeit. Die Leibeigenen sind wie die Scholle, die sie beackern, direktes Eigentum des Grundherrn, der frei über sie verfügen kann. Neben Abgaben von dem, was sie in Eigenregie erwirtschaften, können sie zu mancherlei Frondiensten für ihren Herrn abkommandiert werden. So muss jeder Leibeigene Frondienst auf den Feldern leisten, welche dem Herrenhof direkt angegliedert sind. Bei größeren Grundherrschaften war es durchaus nicht unüblich, dass sich um den Herrenhof mehrere Fronhöfe gruppierten, die wiederum von den kleineren Höfen der abhängigen Grundholden umgeben waren. Aus den Erträgen seines eigenen Hofes und den Abgaben, die seine Untergebenen zu leisten hatten, bestritt der Grundherr seinen Lebensunterhalt.

Die Grundherrschaft lässt sich in drei Grundtypen untergliedern. Zuallererst die klassische Grundherrschaft, die weitestgehend dem entspricht, was oben schon geschildert wurde. Mit dem stärker aufkommenden Geldwesen entstand die Zinsherrschaft. Hierbei verzichtete der Grundherr weitestgehend darauf Felder in Eigenregie bewirtschaften zu lassen, sondern ließ sein Land von Pächtern bebauen, die ihm dafür eine jährliche Pacht zu entrichten hatten. Die dritte Form wird als Gutsherrschaft bezeichnet. Bei dieser Spielart der Grundherrschaft fallen die abhängigen Pachthöfe weg. Der Grundherr lässt sämtliches Land in Eigenregie bewirtschaften und erzielt direkten Gewinn aus den Erträgen. Natürlich gab es im Laufe des Mittelalters auch zahlreiche Mischformen, die zu einem der drei Grundtypen tendieren, ohne die anderen gänzlich auszuklammern.

Lehnswesen

Das Lehnswesen war Grundlegend für die Strukturen innerhalb des mittelalterlichen Adels Europas. Das deutsche Wort Lehen leitet sich von „geliehen“ ab, und geht auf die Praxis zurück, wonach ein Lehnsherr seinem Lehnsmann ein Stück Land, oder sonstige Rechte verleiht, um ihn für seine Dienste zu entlohnen. In den lateinischen Quellen des Mittelalters finden sich dagegen Begriffe wie feudum oder beneficium, um das Phänomen der Vasallentums und der Vergabe von Lehen durch den Lehnsherrn zu kennzeichnen.

Der Ursprung des mittelalterlichen Lehnswesens ist im Frankenreich zu verorten. Dort entstanden im 6. Und 7. Jahrhundert verschiedene Vorstufen, aus denen schließlich das Lehnswesen des Mittelalters hervorgehen sollte. Die Heeresreform Karls des Großen war in dieser Hinsicht ein wichtiger Schritt. Das Volksaufgebot wurde zunehmend durch Lehnsmänner verdrängt, die für den Herrscher in die Schlacht zogen. Rasch bildeten sich bei den großen Kronvasallen eigene Lehnsmannschaften heraus. Auch verlieh Amtsgut an Grafen und andere Amtsträger, die zunehmend als Lehen aufgefasst wurden. Durch diese Tendenz kristallisierte sich immer mehr ein System von abgegrenzten Herrschaftsberiechen heraus, dass dem König lehnsrechtlich unterstand. Zunächst waren Lehen nicht erblich und fielen nach dem Tod des Vasallen an den Lehnsherrn zurück. Doch schon im Frühmittelalter setzte sich durch das Erstarken des Adels das Erbrecht für Lehen durch, was es den Lehnsmännern erlaubte die ihnen verliehenen Ländereien und Rechte an ihre Nachkommen zu vermachen.

Das Lehnsrecht zeichnete sich durch eine personale und eine dingliche Komponente aus. Die personale Komponente fand im Treueeid und im Umfassen der Hände durch den Lehnsherrn ihren Ausdruck. Fortan schuldete der Herr seinem Vasallen Schutz, während der Lehnsmann zu Kriegsdienst und Hoffahrt verpflichtet war. Die Treue zwischen Herrn und Vasall war im Idealbild der mittelalterlichen Gesellschaft uneingeschränkt. Spätestens im Hochmittelalter kam es aufgrund sich überschneidender Lehnsverhältnisse zu Konflikten. Die dingliche Komponente betrifft die Versorgung des Lehnsmannes. Für seine Dienste bekam der Vasall ein Lehen verliehen, aus dem er fortan seinen Lebensunterhalt bestreiten sollte. Dabei handelte es sich klassischerweise um ein Stück Land, doch es konnte sich ebenso gut um Zollrechte oder Minenanteile handeln. Das verliehene Land blieb Obereigentum des Lehnsherrn, während der Vasall die erblichen Nutzungsrechte zugesprochen bekam. Zudem gab es Geldlehen. In diesem Fall bezog der Lehnsmann von seinem Herrn eine feste Summe. Solche Vasallen waren überaus flexibel einsetzbar und dienten oftmals im direkten Gefolge ihres Herrn, da sie kein eigenes Land zu verwalten hatten. Wurde ein Vasall seinem Herrn untreu, so erlosch sein Lehen und er verlor sämtliche Rechte und Privilegien.

In den Kreuzfahrerstaaten orientierte man sich an den Lehnsrechtlichen Verhältnissen, wie sie in Frankreich und im Deutschen Reich vorherrschten und führte in den eroberten Gebieten die altbekannten Institutionen des Abendlandes ein. Die vier Granden und die übrigen Barone verfügten nach dem König die größten Lehnsmannschaften. Die übrigen Ritter aus dem königlichen Gefolge hielten Lehen innerhalb der königlichen Domäne. Bisweilen mussten sie dem Heerbann nur einen weiteren Kampfgefährten stellen. Da fruchtbares Ackerland in den kargen Gegenden der Kreuzfahrerstaaten ein überaus knappes Gut darstellte, waren in Oultremer Geldlehen keine Seltenheit. Auch Zollrechte wurden gerne verliehen, um dem Lehnsmann ein standesgemäßes Auskommen zu sichern.

Mehr zum rechtlichen Aspekt des Lehens findet sich im Artikel Lehen.