Adliger Haushalt

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Wie moderne Haushalte waren mittelalterliche Haushalte das Zentrum des Familienlebens für Adlige. Im Gegensatz zu heutigen Haushalten bestand aber ein adliger Haushalt aus viel mehr Personen als bloß die Kernfamilie. Vom königlichen Haushalt bis zum bescheidenen Haushalt eines Edelknechts bewohnten, zusammen mit dem Meister des Hauses und seiner unmittelbaren Familie, weitere Verwandte sowie auch eine Anzahl von Dienern und Abhängigen die Wohnstatt. Die Struktur des mittelalterlichen Haushalts überlebte nicht die Wertschätzung der Privatsphäre, welche in der Renaissance aufkam.

Variationen waren natürlich groß; dennoch ist es möglich, über ein klassisches Modell des mittelalterlichen Haushaltes zu sprechen. Besonders breit gefächert war der königliche Haushalt, dessen Verwaltungsposten gleichzeitig auch staatliche Ämter waren - zumal damals noch kaum zwischen privat und staatlich getrennt wurde.

Dieser Artikel wird die Mitglieder eines adligen Haushalts beschreiben. Dabei werden 5 Gruppen unterschieden werden - die Kernfamilie, das Militär, die Verwaltung, die Dienerschaft und sonstiger Anhang. Allerdings gibt es auch andere Aspekt eines Haushaltes, die beachtet werden müssen.

Mitglieder

Kernfamilie

Die Kernfamilie umfasste Vater, Mutter, sowie die Kinder. Um sie herum drehte sich der Haushalt. Der Vater stand dem Haushalt als Ganzes vor; die Mutter agierte als seine Stellvertreterin, und war insbesondere verantwortlich dafür, den tagtäglichen Ablauf des Haushalts zu garantieren.

Militär

Jeder Adlige, der einen eigenen Haushalt unterhielt, unterhielt auch eine Haustruppe, welche er sofort zur Hand hatte, wenn es darum ging, ein Gefecht auszutragen. Diese Haustruppe erhielt im Königreich Jerusalem kein Land, sondern immer ein Geldlehen - welches um vieles weiter verbreitet war als in Europa.

Im Haushalt eines Edelknechts mochten dies bloß 1 bis 3 Waffenknechte sein.

Die Haustruppe eines Ritters umfasste zumindest einen Edeknappen sowie 3 oder 4 Waffenknechte.

Im Haushalt eines Barons würde diese Haustruppe mehrere Ritter umfassen, alle von ihnen mit eigenem Gefolge (zumindest ein Edelknappe und um die 3 Waffenknechte, oft auch ein Page), sowie auch Edelknechte und Waffenknechte, die dem Baron direkt unterstanden. Ein besonders verdienter Ritter der Haustruppe, oder aber ein Vasall, würde als Konstabler der Haustruppe vorstehen.

Ein Kastellan oder Vizegraf einer Burg würde auch mit einem großen militärischen Gefolge zu tun haben. Viele der in einer Burg stationierten Bewaffneten gehörten dem Gefolge des Kastellans an; manche Ritter waren dazu verpflichtet, für eine gewisse Zeit im Jahr Burgdienst zu versehen; manche waren zur ständigen Burgwacht eingesetzt; und Söldner und Waffenknechte verstärkten die Burgbesatzung.

Im königlichen Haushalt gab es den königlichen Konstabler, oft ein wichtiger Vasall, sowie als Stellvertreter den königlichen Marschall, beides wichtige staatliche Ämter, die auch für die Haustruppe des Monarchen verantwortlich waren. Die königliche Haustruppe selbst umfasste eine große Zahl an Rittern sowie deren Gefolge, wie auch einer großen Anzahl an Edelknechten und Waffenknechten, die dem König direkt unterstanden. Dem Marschall oblag zudem auch die Jagd und die Falknerei, was die Besetzung dieses Amtes auch für viele Barone und Herren begehrenswert machte.

Verwaltung

Den wichtigsten Verwaltungsposten inne hatte der Seneschall beziehungsweise Hofmeister. Ihm oblag die generelle Führung des Haushaltes, er sah dazu, dass die Ordnung eingehalten wurde, aber er selbst führte keine tagtäglichen Aufgaben aus. Generell handelte es sich bei diesen Männern um Leute aus einem höheren Stand als andere Angestellte. Oft wurde er unterstützt von einem Schatzmeister, der über den Geldfluss wachte. Der Seneschall sorgte sich auch um die generellen Ländereien seines Herrn.

Ein einfacher Edelknecht hatte möglicherweise bloß einen älteren Diener als Hausmeister, und zog ihn auch für alltäglichere Aufgaben heran.

In einem baronialen Haushalt war der Seneschall grundsätzlich ein Adliger, dem ein Schatzmeister (für die Kontrolle des Geldes und des Budgets) sowie ein Haushälter oder eine Haushälterin (zur Koordinierung täglicher Tätigkeiten der Dienerschaft in einem Haus der Herrschaften) zur Hilfe standen.

Der königliche Seneschall hatte ein anspruchsvolles Amt inne; er war zuständig für den reibungslosen Ablauf des königlichen Haushaltes, über die Regierung des königlichen Hausgutes und die Einnahme von Geld aus demselben. Auch er kann einen Schatzmeister sowie einen Haushälter für die Pfalz an sich anstellen, die ihm helfen, sein Amt auszuführen - wobei auch der königliche Mundschenk haushälterische Aufgaben übernimmt.

Zu der Verwaltungsgruppe können auch Berater hinzugezählt werden, welche der Herr heranzog - oft überlappten sich die Berater mit den wichtigen Haushaltsämtern.

Eine weitere wichtige Position hatte der Kaplan inne, der oft auch als Kanzler diente. Er war zuständig für Gottesdienste in der Kapelle eines Anwesens oder einer Burg, und schrieb für seinen Herrn Dokumente nieder, beziehungsweise ließ sie ihm vorlesen.

Dienerschaft

Die Dienerschaft kann in zwei Teile aufgeteilt werden - die höhere und niedere Dienerschaft.

Höhere Dienerschaft

Die höhere Dienerschaft setzte sich zusammen aus adligen Kammerdienern, die den Herrschaften persönlich aufwarteten. Nur reiche Haushalte konnten sich Mitglieder der höheren Dienerschaft in größeren Mengen leisten.

Ein Ritter hatte vielleicht einen Kammerdiener, der ihn als persönlicher Adjutant diente. Seine Frau hatte ebenfalls eine Zofe.

Ein Baron konnte es sich leisten, einen eigenen Kämmerer zu haben, der der höheren Dienerschaft des Herrn vorstand, und den Zugang zu ihm und seiner Familie regulierte. Der Baron hatte auch eine Anzahl an Kammerdienern, die für seine Familie da waren; seine Frau würde über mehrere Zofen verfügen können, in manchen Fällen auch über eine eigene Kammerfrau, auch Gouvernante genannt, die zuständig war für ihre Bedienung, den Zugang zu ihr, aber auch für die Bildung der Kinder.

Besonders junge Kammerdiener oder Zofen wurden als Kammerburschen oder Kammermädchen bezeichnet.

Der königliche Haushalt hat einen eigenen königlichen Kämmerer; er reguliert den Zugriff zum Monarchen, und ihm unterstellt ist die persönliche Dienerschaft der Mitglieder des königlichen Hauses - der königliche Kämmerer würde also zum Beispiel der Kammerfrau einer Prinzessin vorstehen.

Niedere Dienerschaft

Die niedere Dienerschaft versieht jene notwendige Arbeiten, welche sicher kein Adliger machen wollen würde. Sie stellte die Mehrzahl der Bewohner einer Burg oder eines Anwesens dar.

Haushälte haben oft einen Haushälter oder eine Haushälterin, oder aber, zum Beispiel im Falle des königlichen Haushaltes, der Mundschenk, welche die Aufsicht über die Dienerschaft inne hat. Diese umfasst Küche, Speisekammer, Keller, Spülküche, Kerzenkammer (wo Kerzen aufbewahrt wurden), Brunnen, Ställe, Aufbewahrungskammer von Bettbezügen, und andere Räumlichkeiten.

Restliche Mitglieder

Im Gefolge eines jeden reichen Adligen befanden sich auf Leute, die sich nicht gut in einem dieser Kategorien unterordnen ließen. Manchmal waren es Verwandte, die vorübergehend Aufnahme fanden. Manchmal waren es bloß Schmeichler, Glückwünscher und sonstige Schmarotzer. Andere zogen mit einem Herrn umher, um im Falle eines Gerichtsverfahrens für ihn als Eideshelfer auszusagen. Viele davon waren bloße Aspiranten - sie erhofften sich, ein Amt beim Herrn zu bekommen, in dessen Umfeld sie sich aufhielten. Manchmal gelang dies; manchmal nicht, woraufhin sie oft in das Umfeld eines niedrigeren Herrn fielen.

Aspekte des adligen Haushalts

Einige Aspekt, die nicht zur Beschreibung der Mitglieder passen, werden hier aufgezählt.

Größe

Ein adliger Haushalt pflegte sehr groß zu sein. Eine Richtlinie für die Größe von Haushalten empfahl 10 Personen für einen Edelknecht und 16 für einen Ritter. Davon ausgehend, wären vierzig für einen Herrn, 80 für einen Baron, 140 für einen Grafen, 200 für einen Fürsten und etwa 400 für den königlichen Haushalt realistisch.

Oberes und unteres Geschoss

Im frühen Mittelalter lebten Diener und Herren oft zusammen. Dies war im 12. Jahrhundert aber nicht mehr unbedingt der Fall. Herren und Diener interagierten noch viel – viel eher als in späteren Zeiten war es vorstellbar, dass ein Herr sich Zeit nahm, sich direkt mit einem einfachen Diener zu beschäftigen – aber der Adel war schon dabei, sich deutlich gegenüber dem Dienertum abzugrenzen. Eine räumliche Trennung, bei der das Haus in Ober- und Untergeschoss geteilt wurde, kam in Mode und verbreitete sich immer mehr.

Im oberen Geschoss lebte die Kernfamilie mit ihren engsten Vertrauten - den Verwaltern, der höheren Dienerschaft und den Rittern. Im unteren Geschoss lebte die niedere Dienerschaft und die Waffenknechte. Im oberen Geschoss gab es Raum, Komfort und Privatsphäre; im unteren Geschoss gab es oftmals nicht einmal richtige Betten - oft schlief das Personal nur auf Heu oder Stroh.

Reisen

Der mittelalterliche Haushalt war nicht an eine Stelle festgenagelt, sondern befand sich oft in Bewegung. Ein Baron zum Beispiel reiste öfters einmal mit fast seinem gesamten Haushalt von Jerusalem zu seiner Baronie, und wieder zurück, und so weiter. Das Reisen eines Haushaltes war im Königreich Jerusalem nicht ganz so essentiell wie in Europa, aber es kam durchaus häufig vor - wenn auch Adlige oft in Jerusalem, weitab ihres Lehens, zu wohnen pflegten. Wichtig bei der Organisation einer Reise durch die Verwalter des Haushaltes war es, dass der Herr auch bei der Reise allen Luxus genoss.

Wenn ein Haushalt einen Wohnort verlassen hatte, blieben immer ein paar wenige Diener zurück - ein Haushälter in einem Haus, oder ein Kastellan in einer Burg, sowie deren unmittelbares Gefolge und ein paar Diener, um die Behausung in Schuss zu halten.