Lex Mercatoria

Aus Scriptorium

Die Lex Mercatoria ist das allgemeine Handelsrecht des Mittelalters. Seine allgemeine Gültigkeit erstreckt sich über ganz Europa, und weit darüber hinaus. Es ist nirgendwo schriftlich festgehalten, aber es hat überall dieselben Eckpfeiler, welche dieser Artikel erklärt.

Allgemeine Regeln

Parteien bei einem Vertrag müssen stets gemäß dem Prinzip des guten Willens handeln. Dies bedeutet, dass sie im Einklang ihrem bisherigen Verhalten gegenüber ihren Handelspartnern handeln, keine Rechte entziehen, Rechte missbrauchen, von ihren unrechtmäßigen Aktionen Nutzen ziehen, Vereinbarungen brechen und stärkere Positionen missbrauchen. Das Prinzip des guten Willens bedeutet auch, dass Parteien immer im Einklang mit dem handeln sollen, was angesichts der Natur des Handels, den Umständen, der wirtschaftlichen Lage und den Erwartungen der Partner vernünftig ist. Außerdem ist es ein Grundsatz des Handels, dass niemand darf mehr Rechte an einer Sache verleihen kann, als er inne hält.

Agentur

Ein Agent kann im Namen dessen handeln, der ihn bevollmächtigt hat. Das heißt, dass er quasi der Stellvertreter ist – zu dem Ausmaß, zu dem der andere ihn bevollmächtigt hat. Wenn ein Handlungsbevollmächtigter innerhalb seiner Vollmacht handelt, binden seine Aktionen den Auftraggeber und die dritte Partei, außer, es ist klar, dass der Handlungsbevollmächtigte nur sich selbst und nicht seinen Auftraggeber binden wollte. Wenn der Handlungsbemächtigte außerhalb seiner Vollmacht handelt, ist der Auftraggeber nicht gebunden, außer, er ratifiziert die Aktion, dh. er stimmt nachträglich dem Handeln des Agenten zu.

Ein spezielles Problem bei der Agentur ist die Anscheinsvollmacht. Wenn durch die Handlungen einer Partei es einer anderen Partei vernünftig und im guten Willen so erscheint, dass jemand die Vollmacht innehält, ist die Vollmacht nur anscheinend. In diesem Fall sind die Aktionen des Anscheinbevollmächtigten ungültig.

Bei Tatsachen, die ein Handlungsbevollmächtigter kennt, muss man generell annehmen, dass sie auch der Auftragsgeber kennt.

Verträge

Vertragsfreiheit

Grundsätzlich gilt: jeder darf frei in Verträge einsteigen, ausgenommen Personen, die unter einem Vormund stehen, der ihnen dies ausdrücklich verboten hat. Zwar sind ihren Ehefrauen die Ehemänner die rechten Vormünder; allerdings kann eine Frau ihren eigenen Handel betreiben und kann ihren Profit aus ihren Geschäften für sich behalten.

Einer Partei steht es zu, einen Vertrag auszuhandeln, ohne Nachteile dafür zu erhalten, wenn der Vertrag nicht ausgehandelt wird. Unterbricht eine Partei Vertragsverhandlungen im schlechten Willen, so ist sie verantwortlich für die Verluste, die der anderen Partei dafür zugefügt wurden.

Gültigkeit eines Vertrages

Bei einem Vertrag ist es wichtig, sich zu vergewissern, dass er auch gültig zustande gekommen, also einklagbar ist. Ein gültiger Vertrag ist zwischen den Parteien bindend und muss eingehalten werden. Änderungen oder Vertragsenden sind nur gültig, wenn alle Parteien zustimmen.

Ein Vertrag ist nur gültig, wenn:

  • er entweder schriftlich ist oder von 3 mündigen Personen, die zu einem Gerichtsverfahren herbeizitiert werden können, bezeugt wird.
  • er vollständig ist. Z.B. darf keine vertragliche Obligation fehlen, wie der Preis.
  • er entgeltlich ist. Ist kein Preis festgelegt, ist der Vertrag unvollständig und somit ungültig.
  • er nicht zu Ungunsten einer dritten Partei beschlossen wird.
  • er nicht gegen gute Sitten verstößt.
  • er nicht durch Bestechung oder Erpressung zustande gekommen ist, ist ungültig.
  • er nicht auf Unkenntnis bezüglich von Umständen basiert, der entweder auf der Lüge oder dem Irrtum der anderen Partei beruht.

Allerdings kann der Vertrag nicht für ungültig erklärt werden, wenn dies unvernünftig ist oder gegen guten Willen verstößt.

Zustandekommen des Vertrages

Es gibt einen bestimmten Prozess, infolgedessen ein Vertrag zustande kommt. Damit das geschieht, muss von der einen Partei ein Angebot, und von der anderen eine Zustimmung kommen. Wer aber auf ein Angebot antwortet, aber das Angebot abändert, der akzeptiert nicht, sondern macht ein Gegenangebot, auf welches die andere Partei zu antworten hat. Ein Vertrag kann zudem nur existieren, wenn beide Parteien objektiv gesehen die Absicht haben, davon gebunden zu sein – denn niemand kann ohne seine Zustimmung einen Vertrag abschließen.

Auf ein mündliches Angebot muss immer sofort geantwortet werden, außer, die Umstände diktieren etwas anderes.

Wenn eine Partei ein Angebot erhalten hat und darauf keine Antwort gibt, ist dies keine Zustimmung zum Vertrag, außer, die Partei beginnt unverzüglich mit der Ausführung des Vertrags; das soll als Zustimmung gesehen werden. Ein Angebot verfällt aber, wenn innerhalb einer vernünftigen Zeit keine Antwort kommt, eine Partei ablehnt, oder eine der Parteien stirbt.

Interpretation von Verträgen

Was Interpretationen von Verträgen angeht, so gibt es ein paar Regeln dazu. Verträge müssen je nach Kontext interpretiert werden, und zwar so, dass der Vertrag effektiv ist. Hat eine Partei eine Vertragsbestimmung eingebracht, dessen Bedeutung unklar ist, so muss für eine für ebendiese Partei ungünstige Interpretation entschieden werden. Das Gericht muss implizierte Vertragsbestimmungen erkennen, welche von der Natur und dem Zweck des Vertrages, der normalen Geschäftspraxis zwischen den Parteien und dem Prinzip des guten Willens und der Vernünftigkeit entstammen.

Kooperation unter Vertragsparteien

Von jeder Partei soll erwartet werden, dass sie zu einem vernünftigen Ausmaß mit der anderen kooperiert. Das beinhaltet, dass jede Partei die Verpflichtung hat, den Vertrag neu zu verhandeln, wenn dieser an neue Gegebenheiten angepasst werden muss. Auch muss, wenn man bei der Erfüllung des Vertrags auf ein Problem stößt, der anderen Partei Bescheid gegeben werden.

Eingehen in einen Vertrag durch mehrere Parteien

Es können sich auch mehr als nur eine Person zu einer Handlung im Vertrag verpflichten. Zwei oder mehr Parteien, die eine einzige Handlung ausführen müssen, sind gemeinsame Schuldner. Sie haften gemeinsam und füreinander, und können sich gegenseitig verklagen, wenn einer für ihnen verantwortlich gemacht wird für etwas, woran sie keine Schuld oder nur Teilschuld hatten. Zwei oder mehr Personen, die ein und dieselbe Handlung einfordern können, sind gemeinsame Gläubiger. Jeder dieser Gläubiger kann Leistungen einklagen.

Vertragsbruch

Auch ist wichtig, dass der Vertrag nicht gebrochen wird. Ein Vertrag kann folgendermaßen gebrochen werden:

  • Es wird fundamental gegen eine Vertragsklausel verstoßen.
  • Die Waren stimmen mit ihrer Beschreibung nicht überein.
  • Die Waren sind nicht zufriedenstellend.
  • Der Verkäufer überträgt das Eigentum daran, z.B. weil es Diebesgut ist.
  • Der Vertrag wird nicht zeitig erfüllt.
  • Der Vertrag wird einseitig sabotiert, z.B. wenn eine Seite erklärt, ihn nicht mehr erfüllen zu wollen.

Bei einem Vertragsbruch darf die geschädigte Partei den Vertrag beenden. Wenn ein Vertragsbruch aber wegen höherer Gewalt geschieht, die nicht vernünftig vorhergesehen und vermieden werden konnte, so soll dies den Vertrag nichtig machen, ohne, dass eine Partei für Vertragsbruch klagen kann.

Vertragserfüllung

Die Lex Mercatoria enthält auch ein paar grundlegende Regeln zur Vertragserfüllung.

Wenn der Vertrag nicht ausführt, wo er erfüllt werden soll, soll er dort erfüllt werden, wo er abgeschlossen wurde. Die Parteien müssen die vertraglichen Verpflichtungen auch im Lauf einer vernünftigen Zeit erfüllen, wenn diese Zeit nicht im Vertrag geregelt wurde.

Vertragspartner müssen ihre Pflichten zugleich erfüllen, außer, sie haben sich auf eine unterschiedliche Zeit geeinigt, oder die Umstände diktieren etwas anderes.

Jede Partei muss die Kosten zur Erfüllung ihrer Verträge selber erstatten, außer, es wurde anderes vereinbart.

Schadenersatz

Der geschädigten Partei steht Schadenersatz für Schaden, der durch Vertragsbruch der anderen Partei entstanden ist, zu. Sie soll das Geld erhalten, welches dieser Partei durch diesen Vertragsbruch entgangen ist.

Jede Partei muss geeignete Maßnahmen ergreifen, um ihre Verluste zu reduzieren. Unterlässt sie dies, kann die andere Partei um eine Reduktion des Schadenersatzes ansuchen.

Wegfall der Geschäftsgrundlage

Jedes Ereignis jeglicher Natur, welches nach dem Vertragsabschluss passiert, nicht vernünftig voraussehbar war und die Prämisse des Vertrags so sehr ändert, dass der Vertrag nicht mehr erfüllbar ist, ist eine Wegfall der Geschäftsgrundlage.

Wenn so etwas passiert, muss der Vertrag neu verhandelt werden. Scheitert dies, so kann eine Partei den Vertrag beenden.