Kategorie:Familie
Mehr als über Nationalität, Muttersprache und Herkunft, als über Beruf und über Religion, ja sogar mehr noch als über die eigene individuelle Persönlichkeit identifizierte sich der mittelalterliche Mensch über die Familie. Die Familie hatte einen ungleich bedeutsamen Rang im Mittelalter inne.
Es gibt dabei zwei Stufen. Erstens, die Sippe; zweitens die Kernfamilie.
Die Sippe stellte die Gesamtheit aller Leute in einer Familie dar - und alle ihre Mitglieder trugen den selben Nachnamen, sofern die Familie einen übernommen hatte. Über die Sippe liefen die meisten Freundschaften, Beziehungen und Bündnisse - insbesondere bei Frauen in der höheren Gesellschaft, die nicht immer die Möglichkeit hatten, mit Leuten außerhalb ihrer Sippe Zeit zu verbringen.
Die Kernfamilie stellte Vater und Mutter sowie Kinder dar. Von einer Kernfamilie wurde erwartet, ein separates Haus zu haben - auch wenn das in der Praxis nicht immer der Fall war, besonders bei armen Familien. Es kam auch öfters vor, dass sich wenig vermögende, unverheiratete Verwandte bei reicheren Kernfamilien innerhalb ihrer Sippe einnisteten. Von diesen, sowie auch von den Kindern, wurde aber generell erwartet, dass sie auszogen, wenn sie heirateten, auch wenn Arrangements gefunden werden konnten.
Vaterschaft war ein besonders bedeutsames Konzept in der Familie; oft wurde man über den Vater identifiziert, besonders wenn dieser bekannt war. Bei den Einheimischen ist der Name des Vaters ein untrennbarer Bestandteil des Namens; dies gilt auch für viele europäische Kulturen. Der Vater war das Oberhaupt der Familie; er bestimmt über die Kinder, deren Karriere und Ausbildung, sowie über ihre Heirat - obgleich zur Heirat auch das Kind die Zustimmung geben musste, dies aber zu verwehren und sich gegen den Vater zu stellen entsprach nicht der mittelalterlichen Mentalität, die die Familie über alles stellte.
Besonders dem Adel, aber auch bürgerlichen Leuten, war die Dynastiebildung wichtig. Man sorgte sich dafür, dass die Familie überdauerte, an Macht und Ehre gewann, und in Frieden und Eintracht lebte - wem dies gelang, konnte sich als wahrlich Großer bezeichnen.
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