Guten Morgen,
ich dachte mir, dass dieses Thema hier mal ein kurzes Statement verdient. Wir stellen für das Rollenspiel hier ja diverse verschiedene Karten zur Verfügung. Ich denke es ist allen klar, dass es im Mittelalter solche exakten Karten in keiner Weise gegeben hat. Bei weitem nicht. Um mal einen Eindruck zu vermitteln, welche Formen von Karten es gab und welche Rolle Karten überhaupt in der mittelalterlichen Welt spielten, will ich diesen kurzen Artikel schreiben.
In der römischen Welt hat man sich bemüht möglichst exakte und wissenschaftliche Karten anzulegen. Ich will hier kurz Claudius Ptolemäus (ca. 100-160 n.Chr.) erwähnen. Dieser hat eine Karte der Welt erstellt, die so aussah: Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen.
Aus geographischer Sicht ist bemerkenswert, dass die Karte "gebogen" ist um die Tatsache wiederzuspiegeln, dass die Erde rund ist. Eine Tatsache, die man übrigens in gelehrten Kreisen nie angezweifelt hat und die auch von der Kirche nicht behauptet wurde. Dennoch ist es gut möglich, dass man im einfachen Volk davon ausging, dass die Erde eine Scheibe sei, dass man am Ende irgendwo runter fällt und auf der anderen Seite grüne Männchen wohnen. Auch in römischer Zeit war das einfache Volk nicht besonders helle und im Mittelalter sowieso nicht. Die Karte von Ptolemäus ist auch in Längen und Breitengrade unterteilt. Man war in wissenschaftlicher Sicht nicht dumm, hat Erdumfänge berechnet und sich Gedanken über die übrigen Planeten und die Sonne gemacht.
Im Mittelalter sahen die Weltkarten dann so aus(Isidore von Sevilla ca. 600): Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen. das ging auch noch etwas detaillierter, wie in der Ebstorfer Weltkarte von 1300: Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen.
Nun wird man sich denken haha, die Menschen im Mittelalter waren vielleicht blöd. Man sieht, dass man die Welt in drei Teile einteilte: Oben Asien, unten Europa und Afrika. Jerusalem wurde immer im Zentrum der Welt dargestellt und Jesus Kopf, Hände und Füße wurden an den vier Enden der Karte gezeigt. Natürlich sind diese Karten Blödsinn und die Menschen damals wussten das auch. Zumindest die Gelehrten, die sie gemacht haben. Es ging bei diesen Karten nicht darum eine räumliche Orientierung zu ermöglichen, es handelte sich bei diesen Karten (T-O-Karten genannt) um thematische Karten, die die damalige Weltanschauung verdeutlichen sollten. Jerualem steht im Zentrum der Welt, ist der Mittelpunkt der Welt. Jerusalem war ein wirklich heiliger Ort und man ging davon aus, dass es auch ein himmliches Jerusalem gibt, in welchem man nach dem Tode wohnt. Auch die Einrahmung der Karte durch Jesus Christus ist wichtig. Diese ganze Karte soll den Menschen nicht zeigen, wie die Welt aussieht, sondern wie sie funktioniert. Gott steht über allem, Jerusalem ist das Zentrum der Welt und so weiter.
Wenn man nun im christlichen Europa versucht hat eine Karte zu zeichnen, die nicht die gesamte Weltordnung zeigen soll, sondern die Beispielsweise Großbritannien zeigt, dann sah das so aus (von 1250): Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen.
Man erkennt, dass diese Karte schon deutlich genauer und korrekter ist als eine T-O-Karte, aber selbstverständlich kann man auch mit so einer Karte nicht viel anfangen, wenn man von A nach B reisen will, oder wenn man irgendwelche Feldzüge planen will. Der Kartenersteller weiß, welche Städte, Flüsse und Gebirge es gibt und er weiß auch, das England eine Insel ist. Er bringt das alles irgendwie ins Verhältnis, hat aber nur ungefähre Ahnung von den Entfernungen. Wie sollte es auch sonst sein? Entfernungen zu messen war zu der Zeit nur möglich, indem man sich überlegt hat, wie lange man von A nach B unterwegs ist. Und das war sehr ungenau. Außerdem denke ich, dass auch dieser Kartograph keine möglichst genaue Karte anfertigen wollte.
In der islamischen Welt sah es anders aus, da hat man im Prinzip dort weiter gemacht, wo die Römer aufgehört haben. Im Islam wurde alles weniger theologisch angegangen und man hat dort Karten erstellt, die denen des Ptolemäus sehr ähnlich sind: Wie diese Karte, welche Al Idrisi im Jahre 1154 in Sizillien erstellen wird: Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen. Man beachte bitte, dass die Karte nach Süden hin ausgerichtet ist.
Diese Karte wurde für Al-Idrisi auf einer Silberplatte von 2 Meter Durchmesser gefertigt und verband das Wissen aus der Antike, die Erfahrungen islamischer Kaufleute und das Wissen über Nordeuropa, welches die sizillianischen Normannen hatten. Al Idrisi, der selber sehr weit gereist war, unter anderem bis nach York, erstellte damit die exakteste Karte des Mittelalters. Er schrieb außerdem ein Buch, in welchem er die bekannte Welt in sieben Klimazonen einteilte und diese beschrieb.
Man sieht also, es gab auch während des christlichen Mittelalters halbwegs akkurate Karten, vor allem dort wo die christliche Welt in Kontakt zur muslimischen Welt stand. Allerdings muss man eben sagen, dass für den mittelalterlichen Menschen eine Karte nicht dasselbe war, wie sie es heute für uns ist. Man hat Karten nicht dazu verwendet, um eine Reise zu planen, oder um sich sein Herrschaftsgebiet ansehen zu können. Letzteres höchstens, wenn man eine symbolische und wenig akkurate Ansicht desselbigen haben wollte. Karten waren hauptsächlich dazu gut, um sie sich anzusehen. Egal ob nun aus theologischen Gründen, oder weil man sich gerne vorstellen wollte, wie die Welt nun aussieht.
Karten vom Königreich Jerusalem werden kaum akkurater gewesen sein, als die von Großbritannien, welche ich oben verlinkt habe. Vielleicht doch noch einen Taken akkurater, aber wenn solch eine Karte jemals produziert wird, dann ist das ein Einzelstück, welches man in der königlichen Pfalz vielleicht mal bestaunen kann.
Der mittelalterliche Mensch reiste von A nach B, indem er eine Straße nahm, die nach B führte. Man fragte nach dem Weg, wenn man sich nicht selbst auskannte und wenn man eine grobe Orientierung brauchte, konnte man auch nach der Sonne schauen. Auch ein Baron hatte ein anderes Verständnis von seinem Herrschaftsbereich. Er stellte sich keine Karte vor, sondern er wusste, wie sein Land tatsächlich aussieht, da er es ständig bereisen musste. Er wusste, wo er Burgen hatte, wo seine Dörfer lagen... Und die Grenzen seines Landes orientierten sich an markanten Landschaftselementen. An Flüssen, an Straßen, an Gebirgen... Karten spielten aufgrund ihres eher theologischen Charakters und ihrer Seltenheit kaum eine Rolle. Die Menschen waren es gewohnt ohne sie auszukommen.
So, ich hoffe dieser kurze Abriss war verständlich und hilfreich.