Das Kleine Einmaleins der Pferde

  • Da es im Mittelalter andere Methoden gab und Pferde zu kategorisieren, wollte ich das hier mal einheitlich und für alle offen auflisten, damit jeder es in sein eigenes Rollenspiel einbauen kann. Ich denke nämlich, dass viele sich mit den verschiedenen Arten von Schlachtrössern nicht auskennen. Auch ich muss regelmäßig, wenn ich etwas darüber schreiben will, nachsehen. Daher fasse ich das also hier mal zusammen.


    Im Mittelalter gab es keine Pferderassen, zumindest nicht so wie heute. Man hat ein Pferd, das aus Friesland kam sicherlich mal Friese genannt, oder man sprach auch von spanischen Pferden. Aber es gab keine reinrassigen Zuchten oder so etwas. Man unterteilte Pferde eher auf praktischer Ebene in ihre Funktionsfähigkeit. Es gab folgende Unterteilungen:


    Der Destrier
    Dies ist das wohl bekannteste und auch prestigeträchtigste Pferd des Mittelalters. Die besten, größten und stärksten Schlachtrösser, sind Destrier. Es handelt sich dabei fast immer um Hengste. Und wie bereits erwähnt sind Destrier keine Rasse, sondern ein Typus. Wenn ein Fohlen gute Veranlagungen hat, wird es zum Schlachtross ausgebildet. Wenn es dann ausgewachsen besonders gut ist, wird man es als Destrier bezeichnen. Natürlich wird man aber, wenn man ein gutes Schlachtross haben will, auch auf die Eltern schauen und nicht einen Zelter auf ein Maultier springen lassen. Zwei Destrier als Eltern waren nur eben keine Garantie dafür, dass das Fohlen auch ein Destrier wurde. Ein Destrier ist unglaublich teuer und wirklich etwas ganz besonderes.


    Aussehen und Größe: Mittelalterliche Pferde hatten kein Stockmaß über 14 - 16 Handbreit. Also ungefähr 140 - 160 cm. Der Destrier zeichnet sich anderen Pferden gegenüber nicht unbedingt durch seine Größe aus, sondern durch Muskulatur, Stärke und Dressur. Darüber hinaus wird ein Destrier so beschrieben: "Kraftvolle Hinterbacken, einen kurzen Rücken, muskulöse Lenden, starke Knochen und einen wohlgeformten Nacken. In der mittelalterlichen Kunst wird der Destrier mit einem geraden oder leichten Profil, einem breiten Unterkiefer und einer guten Weite zwischen den Augen dargestellt." (Quelle: Wikipedia)


    Der Renner
    Auf Französisch auch Coursier, auf englisch Courser genannt. Diese Pferde sind die am weitesten verbreitetsten Schlachtrösser. Nicht nur sind sie leichter zu züchten als ein Destrier, sie eignen sich auch eigentlich für den alltäglichen, harten Krieg viel besser. Sie sind nicht ganz so massig und kräftig, wie der Destrier. Dafür sind sie leicht, schnell, wendig und stark genug um einen Ritter in den Kampf zu tragen. Für frontale Sturmangriffe und für den Tjost mag der Destrier das Beste Pferd sein, aber für harten Kampf in dichtem Getümmel ist der Renner die bessere Wahl. Vor allem seine Wendigkeit und seine Schnelligkeit (im Vergleich zum Destrier) sind hier entscheidende Vorteile. Der Renner ist nicht ganz so teuer wie der Destrier, aber trotzdem ist auch der Renner ein teures, hoch trainiertes Schlachtross, das unglaublich wertvoll ist.


    Aussehen und Größe: Ähnlich wie der Destrier, aber oft etwas schlanker und eleganter. Weniger kräftig und bullig. Trotzdem ist auch der Renner ein sehr schweres Pferd. Beide Pferdearten kann man vom Aussehen her mit modernen Kaltblütern vergleichen, wobei das mittelalterliche Kriegspferd oft auch einen südlichen/eleganten Einschlag hatte und deutlich kleiner war, als ein modernes Kaltblut. Der Percheron oder das Shire Horse sind gute Beispiele, wie man sich mittelalterliche Schlachtrösser vorstellen darf.


    Der Runtzid
    Der Runtzid (franz. Roncin) ist die günstige Variante des Schlachtrosses. Sein Vorteil ist manchmal seine höhere Schnelligkeit. Ansonsten ist er den anderen Schlachtrössern aber eigentlich meistens in allen belangen hoffnungslos unterlegen. Der Runtzid ist das Pferd für arme Ritter, Knappen und Waffenknechte. Ein betuchter Herr stellt seinem Gefolge Runtziden zur Verfügung und manchmal greift auch ein reicherer Herr auf einen Runtzid zurück, wenn es darum geht das feindliche Land zu verheeren und es mehr darauf an kommt schnell zu sein, als ein starkes Pferd unter sich zu haben. Runtziden wurden auch als Pack- und Lastpferde genutzt. Man darf dennoch nicht denken, dass Hinz und Kunz sich nun einen Runtzid leisten konnte. Pferde, egal welcher Art, waren immer eine sehr, sehr teure Angelegenheit und nichts für das einfache Volk.


    Aussehen und Größe: Kleiner und schwächer als Destrier und Courser. Runtziden sind auch öfter einmal Stuten. Im Heiligen Land kann es auch sein, dass ein Ritter ein einheimisches, kleines Pferd nimmt, da dies immerhin besser ist als gar keines. Ein solches "Schlachtross" würde man aber wenn überhaupt als Runtzid bezeichnen.



    Der Zelter
    Hier kommen wir nun zu den Reitpferden und verlassen die Welt der Schlachtrösser. Ein Schlachtross wurde eigentlich nicht für längere Ritte genutzt. Ein Ritter ließ seinen Destrier oder seinen Renner vom Knappen am Zügel führen und ritt selbst einen Zelter. Und auch der Rest des Adels ritt auf Reisen meistens Zelter. Der Vorteil dieser Tiere ist, dass sie die sehr angenehmen Gangarten Pass und Tölt beherrschen. Beide rütteln den Reiter nicht so durch, wie der Trab und sind daher für lange Reisen angenehm. Auch das Tragen einer Sänfte ist bei Pferden, die diese Gangart beherrschen, möglich. Elegante und schöne Zelter können ebenfalls sehr teuer sein.


    Aussehen und Größe: Zelter sind kleiner und eleganter als die Schlachtrösser. Im Heiligen Land werden die einheimischen Pferde sehr oft als Zelter eingesetzt worden sein, da sie für die Schlacht ungeeignet sind, sich aber sehr gut als Gangpferde eignen.



    Das Pack- und Lastpferd
    Neben Schlachtrössern und Reitpferden, braucht man auch Transporttiere. Ein Ritter hat Beispielsweise immer ein Packpferd bei sich, da er auf dem Zelter reitet, während der Destrier unbepackt vom Knappen geführt wird. Diese Pferde eignen sich meistens weder für den Krieg noch wurden ihnen angenehme Gangarten, wie der Pass oder der Tölt beigebracht. Diese Pferdeart ist wohl am günstigsten zu erwerben. Trotzdem: Pferd bleibt Pferd und Pferde sind teuer.


    Aussehen und Größe: Sie sind oft kleiner und schwächer als Schlachtrösser und weniger elegant als Zelter. Auch hier wird man im Heiligen Land oft einheimische Pferde nutzen.

  • Ja, das war wirklich sehr aufschlußreich, sekbst für jemanden, der sich eigentlich ganz gut mit Pferden auskennt. Danke schön! ^^

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    Meister Bhreac McLeod
    Ehemann der Ailis McLeod
    Franke von Jerusalem
    Waffenschmied (Meister)

  • Danke für deinen informative, aufschlussreiche Schilderung :) Darf ich deinen Beitrag als Grundlage für einen entsprechenden Wiki-Artikel verwenden?


    Noch was zu den Destriers in Heiligen Land, was ich mal rausgegraben habe: in Europa waren die schon teuer und selten genug, aber in der Levante waren sie noch viel teurer und rarer. Erstens gab es keine Destriers, die natürlich in der Levante vorkamen, daher mussten sie erst aus Europa importiert werden. Zweitens waren sie für das heiße Klima eher weniger geeignet und litten ziemlich darunter. Und drittens brauchte man Kraftfutter, also Hafer, um die Destriers richtig muskulös hochzufüttern und auch stark und kräftig zu halten - aber Hafer wurde kaum im Heiligen Land angebaut, weshalb es extrem teuer war, einen Destrier in guter Verfassung zu halten.

  • Verstehe ich das richtig, dass als Pferd für eine adlige Dame mit entsprechenden Geldmitteln dann ein Zelter die wahrscheinlichste Wahl wäre? :)

  • Interessante Infos, danke dafür. :)


    Was mich noch interessieren würde, wäre: wer kann sich welche Pferde leisten? Also in meinem Fall wäre es ganz spannend zu wissen, welche Pferde Guillaume so besitzt, vor allem auch, weil Phillippe sich gerne mit den Tieren beschäftigt. Für ihn als Reitpferd hab ich Noun erfunden, die demnach ein Zelter wäre.

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    Seine Gnaden Phillippe de Bures
    Adliger von Jerusalem
    Edelknecht

  • Nunki: sofern ich mich recht erinnere, war der Zelter ein beliebtes Pferd für Damen.


    @Philippe: Ich zitiere mal aus unserer Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen. :) Das sind grobe Schätzungen, die auf dem Preis von Tieren im mittelalterlichen Ägypten beruhen. Zum Vergleich auch ein paar andere Reittiere. 80 Dirham sind ein Pfund, und ein Ritter im Gefolge von Guillaume könnte sich 40 Dirham pro Tag erwarten (nicht das Philippe ein Ritter ist, aber so als grobe Richtlinie).


    1 Kamel = 200 Dirham
    1 Esel = 160 Dirham
    1 Maultier = 320 Dirham
    1 arabisches Kleinpferd = 400 Dirham
    1 Renner (Pferd) = 15 Pfund
    1 europäisches Schlachtross = 500 Pfund
    1 Zugpferd = 40 bis 80 Dirham

  • So, auch von mir ein herzlicher Dank für diese sehr interessanten und aufschlussreichen Erläuterungen! :)


    Ich gehe für Hectore dann mal davon aus, dass sein Dezwarte ein 'Renner/Coursier' sein dürfte , den er (vorher sein Ritter-'Vater') per Schiff aus Europa mitgebracht hat.
    Seine Stute Salez wäre dann eher ein Zelter (allerdings ohne die Ausbildung zu Pass und Tölt) und die beiden neu erworbenen (arabischen) Pferde wären dann am ehesten Runtziden ...

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    Seine Gnaden Hectore du Caylar
    Adliger von Jerusalem
    Ritter

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