Diskussion: Frömmigkeit, Alphabetisierung, Schule

  • Ja, wirklich ein heiterer Anblick wenn ich neben mich geschaut habe und sein Kinn immer wieder auf der Brust lag... :D


    Mh meinst du wirklich dass es das ist? Ich persönlich muss sagen, dass es mir grad in Sachen Religiosität relativ leicht fällt, da hierzu auch viele Klischees bekannt sind. :)


    Andererseits ist das Hollywood-Mittelalter mit diesen ganzen aufgeklärten Menschen auch nicht sonderlich hilfreich ist. Es gibt keine Vorurteile, Rassismus kennen Hauptcharaktere auch nicht, es gibt kaum soziale Randschichten und sowieso ist das schlimmste in so einem Film der Bösewicht der mit dem Mädchen des Guten schläft. :D


    Davon muss man wirklich ein bissl weg. Anarchie herrschte im MA nun auch so gar nicht, aber grad deshalb muss man eben wirklich bedenken, wie die Rechtslage denn nun wirklich war, bzw. der gesellschaftliche Blickwinkel. Schließlich gibt es manche dieser Konflikte sogar noch heute. Es geht ja auch um die Frage, warum beispielsweise Askalon oder Damaskus der Feind ist. Die sind ja nicht nur Feinde, weil Feinde, sondern eben ("offiziell") weil ungläubig. :) Sowas wird immer relativ schnell vergessen.

  • He auch Seine Seligkeit braucht seinen seligen Schlaf! Besonders wenn Seine Seligkeit zuvor quer durch London hinweg Fremdenführer gespielt hat :D


    ...aber ja, im Nachhinein ist es etwas peinlich :P


    Ich kann aber getrost und ganz pauschal sagen, dass es Atheismus nicht gab - freilich gab es im Mittelalter Zyniker und Häretiker, aber die wendeten sich immer nur gegen die Kirche, nie gegen die Fundamente der Christenheit bzw des Islams :)


    Empfehlen kann ich übrigens Säulen der Erde. Stellenweise ist der Plot ein bisschen platt, und man muss bedenken dass es in England, nicht im KJ spielt, aber es ist ein Buch, in welchem die Rechtslage + Normen, Religiösität und das Handwerkerwesen (insbesondere Bauhüttenwesen) in unserer Zeit ziemlich gut dargestellt werden.

  • Genau, Bolka ist da ein nettes Beispiel. :)


    Die ist grundsätzlich gegen die Kirche eingestellt und gehört zu denen, die eigentlich die Klappe sonst nicht halten können. Mit ihrer sehr antichristlichen Haltung geht allerdings nicht einmal sie hausieren, obwohl sonst nicht grad schüchtern.


    Allerdings zweifelt Bolka auch nicht die Existenz eines Gottes an, sondern eher die Verteilung der Geschlechterrollen. Sie ist wirklich extrem revolutionär für unsere Zeit, indem sie sich hinstellt und sagt, dass sie als Frau keinesfalls verdient, weniger Verantwortung als ein Mann tragen zu dürfen, dass sie wenigstens genauso klug und fähig ist wie jeder Mann. Wirklich revolutionär und das habe ich auch gezielt so gewollt - mit allen negativen Konsequenzen, die dies mit sich bringt (meinetwegen auch mal irgendwann ein kirchliches Verfahren).
    Sie kann lesen, sie verweigert nicht das Kämpfen und sie hat sich einmal das Haar abgeschnitten, um als Page verkleidet zum eingekerketen Edmund zu gelangen. Das sind alles Dinge, die nicht unbedingt weiblich sind. Bei Eloise ist es nochmal ein anderer Fall und lediglich jugendlicher Trotz, während Bolka schon irgendwie ein bisschen "emanzipiert" ist und sich einfach gegen diese Ordnung auflehnt.


    Allerdings lehnt nicht einmal sie sich gegen Gott auf. :)


    Edit: Achso und dann gehört bei Bolka noch ergänzt, dass sie einen Defekt hat und die Welt einfach auch aus anderen Augen sieht. Nicht, weil sie nun so klug ist, sondern weil es eher eine Störung ist, die ihr zu dieser Klugheit im Nachhinein verholfen hat. Also sie ist nicht einmal "romantisch"-emanzipiert, sondern schlichtweg notgedrungen.^^

  • Mir fällt es vor allem schwer, immer zu bedenken wie wenig die Leute damals die Bibel überhaupt kannten. Das vergesse ich des Öfteren mal und werde dann zu detailliert oder mir geraten die Charaktere zu gebildet in der Hinsicht. Da versuche ich meistens aufzupassen, aber wie gesagt, oft geht das Halbwissen auch mit mir durch. ^^


    Grundsätzlich finde ich es für mich auch schwer, wirklich intolerante Sachen zu schreiben, weil ich dann immer gleich ein komisches Gefühl dabei habe. Aber damals war das nun mal so.
    Es ist leichter, solche Charaktere zu spielen, die verurteilt werden als solche, die urteilen (finde ich).

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    Seine Gnaden Phillippe de Bures
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  • Ja, da hast du Recht,. Ich glaub deswegen habe ich meinen urteilenden Charakter in Cat auch recht sanft gestaltet. ^^ Auch in meiner Johanniterin steckt relativ wenig Härte.


    Baudi ist da deutlich heftiger und manchmal drücke ich mich ein wenig um die Heftigkeit.


    Und wegen Bibel - Ja, das stimmt, auch da muss man aufpassne. :D Gottesfurcht und Aberglaube ist super, aber die Bibel kannten die wenigsten und von diesen wenigsten besaß eigentlich auch kaum einer die Bibel, schätze ich. Ich will es nicht beschwören, aber eigentlich kann ich mir kaum vorstellen, dass irgendwer eine Bibel zuhause hatte. ^^ Weiß nicht genau, wann das los ging. Fällt mir grad ein, weil ich bei den Toren der Welt eine einfache Bürgerin nach einer Bibel fragen hörte. Das kam mir echt strange vor. ^^

  • Naja, Tore der Welt ist dann aber wieder Spätmittelalter, das war ja wieder was anderes. Wobei auch da der gemeine Bauer wohl eher nicht lesen konnte. Die Bibel zu Hause kann ich mir auch schwer vorstellen, überlegt man, dass jedes Buch handgeschrieben und extrem kostbar war. Da hab ich gestern auch in ner Doku über die Germanen was gesehen, die Wulfila-Bibel, eine Bibel der Goten. Die dürfte wohl das wertvollste Buch überhaupt gewesen sein, die Seiten waren mit Purpur gefärbt und mit Gold- und Silbertinte beschrieben. Also wenn es exklusiver geht, dann nicht mehr viel ^^

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    Seine Gnaden Balian von Ibelin, Baron von Ibelin und Herr von Ramla
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    Ritter, Konstabler der Grafschaft Jaffa

  • Mein Hirn fühlt sich immer noch sehr leergefegt an heute :wacko:


    Wegen der Bibel: da hatte ich es neulich mal kurz mit Gabriel drüber, weil er in der Lehrstunde ein Buch verschenkt und ich mich auf den ersten Blick gefragt hab, wieso er sowas wertvolles einfach verschenken kann. Ich hab aber leider vergessen, was wir da für eine Lösung gefunden haben. Aetos hat noch was hinzugefügt wegen der französischen Literatur. Aber das weiß unser Genie sicher besser als ich. ^^


    Ansonsten muss ich wirklich drauf achten, dass mir meine Charaktere hinsichtlich Bibel nicht zu schlau geraten.... :D

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  • Im Mittelalter hatten die wenigstens Haushalte eine Bibel im Regal stehen. Das lag einfach daran, das Bücher so unerhört kostbar waren, dass sich nur die ganz reichen etwas derartiges leisten konnten. Man bedenke, man schrieb auf Pergament und das ist nicht gerade preiswert. Und dann mussten die ganzen Buchstaben auch noch per Hand abgeschrieben werden. An so einem Werk wie der Bibel schrieb auch ein geübter Schreiberling eine ganze weile und das musste dann auch noch entsprechend honoriert werden.


    Und die Existenz Gottes und seiner Heiligkeit haben weder Romain noch Godefroy angezweifelt. Ich muss doch wohl sehr bitten. Sie haben nur einen etwas sehr speziellen Blick auf das "Gottesurteil". Godefroy muss man zu gute halten, dass sich da gerade der Bures Trotzkopf meldet. Was nicht sein darf, darf nicht sein und damit basta. Da braucht ihm dann auch keiner mit frommen sprüchen zu kommen, die Niederlage seines Vaters sei ein Wink Gottes. Es ist doch nur menschlich, dass man nach so einer herben Niederlage mit den Dingen hadert und erst recht nicht war haben möchte, dass alles so seine Rochtigkeit hat.


    Noch nicht einmal Romains Meinung zum Thema Gottesurteil ist so revolutionär und neuzeitlich, wie sie auf den ersten Blick klingen mag. Schon im Mittelalter gab es geistliche Strömungen, denen sich auch Kleriker anschlossen, welche die Praxis des Gottesurteils anzweifelten oder zumindestens fanden, dass das ganze mit Vorsicht zu genießen sei. Sie führten unter anderem an, dass man Gott ja nicht herausfordern durfte, indem man ihn regelrecht zu einem Eingreifen zwang. Dies stünde dem Menschen nicht zu. Ein Wunder ackzeptierten sie durchaus als Wunder und Zeichen des göttlichen Willens, aber man durfte nicht so vermessen sein und dieses regelrecht einfordern.

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    Seine Gnaden Romain du Puy, Baron von Oultrejordain
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    Ritter, Seneschall von Jerusalem

  • Der Spruch mit Guérin war von mir ja auch nicht kritisierend gemeint. Allgemein sind unsere IDs ja alle einigermaßen fromm und ich denke keiner läuft Gefahr demnächst vorm Metropolitangericht zu stehen (naja, außer Bolka :D). Ich hatte das eher als Scherz gemeint. ^^


    Wobei ich etwas Gottesfurcht und Aberglaube, oder auch etwas mehr von beidem, in Postings immer sehr schön finde. :)

  • Was ich mich allerdings frage ist, wie eine Bibliothek aussieht?


    Ich glaub ich hab eine zu moderne Auffassung des Wortes und verbinde sie eben schon mit einer beachtlichen Zahl an Büchern, aber zu unserer Zeit ging das mit dem hobbymäßigen Lesen erst grade ein kleines bisschen los, soweit ich weiß und wie auch Romain sagte, sind Bücher unerhört teuer (was mir auch bewusst war). Hinzu kommt eben die mangelnde Lesefähigkeit des Adels und sowieso des Bürgertums.


    Was also beherbergte eine Bibliothek, wenn nicht Bücher? Und wenn Bücher, wer war in der Lage, sich so etwas überhaupt zu leisten (außer der Kirche)? Irgendwie bin ich mir ziemlich sicher, dass nicht einmal Meli wirklich die Mittel hätte...


    Ich frag nur, weil bei uns im Spiel nämlich auch Bibliotheken auftauchen... :) Würd mich echt interessieren, wie die sich definieren.

  • Ich hab gestern gelesen, dass es in Jerusalem im Palst oder in der Domschule eine umfangreiche Bibliothek gab, mit antiken und mittelalterlichen lateinischen Schriften, sowie arabischen, die aus der Zeit der Fatimiden und aus dem Besitz eines schiffbrüchigen muslimischen Gelehrten stammten (ist von uns aus aber noch 20 jahre bis dahin). Das ist aus der englischen Wikipedia. Da steht auch, dass an der Domschule sowohl die Kinder des Adels als auch die wohlhabender Bürger unterrichtet wurden und Jerusalem so eine ziemlich hohe Alphabetisierung hatte und es recht viele Juristen, Historiker und Verwaltungsbeamte gab. Ich denke diese relativ hohe Belesenheit des Adels lässt sich darauf zurückführen, dass sich der Adel anders als in Europa in der Stadt Jerusalem konzentrierte und die Domschule somit recht gut besucht war, nicht nur von zukünftigen Geistlichen. Wär vielleicht auch ein Ansatzpunkt, dass dann zumindest die nächste Generation oder die bereits in Jerusalem geborenen recht gut lesen konnten.

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  • Doch, doch Bibliothek heißt schon Bücher. Und im Mittelalter gab es durchaus auch Adelige Herren, die sich eine Bibliothek geleistet haben. Teilweise, weil sie wirklich selbst des Lesens mächtig waren und teilweise auch nur, um da mit anzugeben, dass sie sich so etwas überhaupt leisten können. Die Bibliothek wurde dann präsentiert wie kostbare Jagdfalken oder edle Rösser. Seht her, was ich mir alles leisten kann!


    Die Frage ist die nach der Relation. Unter der Privatbibliothek eines mittelalterlichen Edelmannes oder Patriziers dürfen wir uns nicht hunderte von Büchern vorstellen. Wir haben es mit deutlich weniger Exemplaren zu tun. Aber eine kleinere Bibliothek konnte sich ein begüteter Edelmann und erst recht eine Königin schon leisten. Für mittelalterliche Verhältnisse haben wir es in diesen Bibliotheken dann mit einer beachtlichen Anzahl an Büchern zu tun. Wie schon gesagt, alles eine Frage der Relation. Und bei uns im Orient ist es sowieso nochmal etwas anderes, da in der muslimischen Oberschicht der Levante ein ganz anderes Verhältnis zu Büchern bestand, als im Westen. Und sowas kann natürlich abfärben.

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  • Das mit der Domschule finde ich sehr interessant. :) Ich wusste schon, dass man im Königreich Jerusalem des 13. Jhd recht gebildet war, aber dass selbst Kinder von Bürgerlichen und offenbar viele Adlige in der Domschule ausgebildet wurden.. nicht schlecht. Ich denke aber, wir sollten das lieber so handhaben, dass gerade erst die erste Generation an "gebildeten" Adligen heran wächst, damit wir nicht schon wieder alles in unserer Spielwelt umwerfen. :)

  • Hab die Diskussion mal aus dem Spam gelöst, weil ich es viel zu interessant zum Versumpfen finde. ^^

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